Ehrlichgesagt weiss ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Vor ueber vier Wochen sind wir aus Sydney losgeradelt und seitdem ist schon eine ganze Menge passiert: Ich habe mich daran gewoehnt, unser ganzes Gepaeck mit uns herumzufahren, habe gelernt, dass es in New South Wales viele kleine und grosse Huegel gibt, habe viele tolle Menschen getroffen, vor Anstrengung geweint und war wenige Momente spaeter unglaublich zufrieden und gluecklich. Oder eingeschlafen.
Urspruenglich wollte ich vor allem in der ersten Zeit ganz viel aufschreiben, um die Erlebnisse und Gefuehle auch spaeter noch praesent zu haben. Naja, das hat irgendwie nicht so ganz geklappt – mein Reisetagebuch besteht momentan aus ungefaehr 10 Seiten. Ich war meistens einfach viel zu erschoepft, um viel zu schreiben. Aber ich vertraue darauf, dass die wichtigsten Erinnerungen auch so bleiben werden.
Der erste Tag
Nachdem wir bei Matt und Hannah noch einmal gross fruehstuecken, brechen wir im Laufe des Vormittags auf. Obwohl wir am Vorabend all unsere Taschen gepackt haben, dauert es nochmal eine ganze Weile, bis unsere Fahrraeder reisefertig sind.
Unser Plan war, auf dem Weg nach Norden noch einen anderen Warmshowers-Host zu treffen und gemeinsam einen Kaffee zu trinken. Seine Wohnung liegt sozusagen auf dem Weg. Also radeln wir durch dichten Verkehr los und versuchen, nicht zu viel hin- und herzuwackeln. Die zweite Herausforderung des Tages sind die zahlreichen kleinen Huegel, die mit voll beladenem Fahrrad doch ein gutes Stueck anstrengender sind. Wir brauchen eine ganze Weile, bis wir die ca. 20 km zu Grant schaffen und dabei haben wir uns hoechstens einmal ein kleines bisschen verfahren ;). Aber einmal angekommen sind die ersten Anstrengungen auch schon vergessen: Grant verwoehnt uns mit Kaffee und Keksen und wir kommen sofort ins Reden – ueber Fahrradtouren – wie koennte es anders sein? Da wir eine Faehre nach Manly Beach nehmen wollten (um zu vermeiden, dass wir ueber die Harbour Bridge fahren und unsere Fahrraeder auf der anderen Seite herunter tragen muessen), zeigt uns Grant netterweise gleich den Weg und wir geniessen die Faehrfahrt!
Das Wetter ist perfekt:
Nach der Ueberfahrt gehen wir schnell nochmal zu Aldi und kaufen ein paar Lebensmittel ein. Danach muessen wir uns entscheiden, welche von zwei Routen wir fahren wollen. Es gibt grundsaetzlich zwei Moeglichkeiten und wir haben die Entscheidung bis jetzt aufgeschoben: Wir koennen Richtung Norden fahren, wo wir dann nochmal eine Faehre (bestimmt schoen, aber auch nicht billig) nehmen muessten. Oder wir fahren Richtung Nordwesten ueber den alten Pacific Highway. Wir entscheiden uns schliesslich fuer den alten Pacific Highway, da wir unser Budget nicht gleich am ersten Tag ueberstrapazieren wollen. Torsten warnt mich mehrere Male, dass der Highway auch huegeliger sein wird, aber ich denke mir, dass ich sowieso mit Huegeln klarkommen muss und ebenso gleich damit anfangen kann. Bis jetzt mag ich bergauffahren, solange ich mein eigenes Tempo (langsam) fahren kann.
In den naechsten Stunden schaffen wir es noch ein kleines Stueck weiter, sind aber immer noch in den Vororten von Sydney als es schliesslich daemmert. Da wir gerade Winter haben, wird es ungefaehr um 5 Uhr dunkel, was die Fahrradtage ziemlich kurz macht. So beginnt also unser von nun an taegliches Ritual, einen Platz zum Schlafen zu finden. Da wir uns gerade erst ein gemuetliches neues Zelt gekauft haben, wollten wir es nun auch benutzen und suchen daher einen Platz zum Campen. Da wir uns gerade in mitten lauter Vorstadtvillen befinden, ist das gar nicht so einfach. Aber mit Hilfe von Google Satellite View finden wir einen ziemlich versteckten Platz in einem alten Steinbruch. Wir bauen schnell unser Zelt auf, essen ein paar Wraps (keiner von uns hat grosse Lust zu kochen) und fallen ins Bett.
Irgendwie waren meine Sinne in dieser Nacht hochaufmerksam und ich habe alle moeglichen neue und fremde Geraeusche gehoert. Ich mag draussen schlafen eigentlich sehr gerne, brauche aber immer eine Weile bis ich mich an neue Geraeusche gewoehne. Im Laufe der Nacht hatten wir einige Tierbesucher_innen, die neugierig an unserem Zelt geraschelt haben und da ich nicht einschaetzen konnte, welche Tiere das waren, war an Schlaf nicht zu denken.
Am Morgen werden wir dafuer von einem wunderbaren Konzert an Vogelstimmen geweckt – ein buntes Durcheinander an Gesang, lautem Lachen und Schreien, das den fehlenden Schlaf locker wettmacht. Als ich aus dem Zelt schaue, blicke ich auf eine kleine Lichtung – ganz in Stadtnaehe aber sehr versteckt -, habe all die verschiedenen Voegelstimmen im Ohr und freue mich unglaublich, in den naechsten Monaten mehr ueber diese faszinierende Tierwelt herauszufinden. Was fuer ein toller Anfang!