Que sera sera

Whanganui im Morgennebel
Whanganui im Morgennebel

Ich sitze in einem grossen Wintergarten. Durch riesige Glasfenster kann ich tief unter mir das Whanganui-Flusstal sehen. Morgens versinkt es im Nebel, manchmal bricht dann die Sonne durch, manchmal faengt ein leiser Regen an. Den Regen fuerchten wir alle. Seit ein paar Tagen warten wir darauf, mit einem Kanu vier Tage ueber den Whanganui zu paddeln. Und da es in letzter Zeit viel – zu viel – geregnet hat, hat der Fluss zu viel Wasser, um sicher paddeln zu koennen. Also warten wir. Nachts schlafen wir in unserem Auto, tagsueber gehen wir Fahrradfahren, Kaffee trinken und lesen. Abends spielen wir Spiele, reden, trinken Bier, lachen…

Neben uns fuenf, die aufs Kanufahren warten, sind da noch die drei Kinder des Kanuverleihers, die uns Gesellschaft leisten. Eine lustige Mischung. Ich freue mich, mal wieder laenger Gesellschaft zu haben und die Kanutour in einer Gruppe zu unternehmen. Und manchmal wird mir der ganze Trubel doch fast zu viel – so viele Menschen auf einmal, es ist laut mit ganz viel Bewegung und Wirbel um mich rum. Was fuer ein Unterscheid zu der Ruhe und der Natur, die ich in der letzten Zeit um mich hatte!

Und doch bin ich irgendwie tiefenentspannt. Das Warten macht mir nichts aus, es ist halt so wie es ist. Manchmal ist das Wetter gut, manchmal ist es schlecht. Manchmal lassen sich die eigenen Plaene genauso umsetzen, weil die Sonne scheint und die Tage lang sind. Und manchmal regnet es drei Tage am Stueck und die zweitaegige Wanderung klingt auf einmal nicht mehr so vielversprechend. Und wenn man sich trotzdem auf dem Weg macht, wird es vielleicht noch besser als erwartet, weil der Regenwald im Regen zum Leben erwacht und viel gruenglitzernder ist als im Sonnenschein. Wie auch immer es kommt, es ist nicht alles planbar, es ist im Fluss, es veraendert sich.

Morgen aber schon koennen wir wahrscheinlich paddeln gehen. Das Flusslevel sinkt, es sieht gut aus. Und wenn nicht, dann ganz bestimmt uebermorgen!

Unerledigte To-Do-Listen

In letzter Zeit merke ich oefters, dass ich an unseren Ruhetagen wesentlich angespannter bin, als an Tagen, an denen wir wandern oder Fahrrad fahren. Ein Gedanke ist, dass mir die Bewegung mittlerweile doch sehr schnell fehlt, aber das stimmt nur teilweise.
Die sogenannten Ruhetage verbringen wir oft in einem Hostel oder einem Campingplatz – moeglichst mit Internetzugang – und arbeiten an unseren jeweiligen Projekten. Fuer mich heisst das, dass ich versuche, einige Dinge von meiner To-Do-Liste zu erledigen. Hier ein Auszug:

  • Festplattenkopie erledigen und vorher den richtigen Adapter fuer die aufMACzugeschnitteneFestplatte finden und anschliessen
  • Post beim Postamt abholen
  • Telefonate fuer die Arbeit arrangieren und erledigen
  • Mails schreiben
  • Schuhreparaturladen finden
  • Recherche welches Zelt fuer die Fahrradtour am besten geeignet ist
  • Fahrradgepaecktraeger bestellen und montieren
  • Oelwechsel fuer unser Auto
  • … und achja dann noch entscheiden und recherchieren, was wir morgen und uebermorgen und ueberuebermorgen eigentlich machen wollen ausser To-Do-Listen abzuarbeiten.

Hm, eigentlich gar nicht so viel und trotzdem habe ich in letzter Zeit immer oefters den Eindruck, dass ich wahnsinnig viel zu erledigen habe. Ich vermute, das kommt unter anderem daher, dass ich vieles von dieser Liste weder sofort erledigen noch eindeutig abhaken kann: Die Post kann ich erst abholen, wenn ich wieder in der jeweiligen Stadt vorbeikomme, wo ich sie hinbestellt habe. Erst wenn ich da war, werde ich den Fahrradgepaecktraeger in der Hand halten und probeweise montieren koennen. Telefonate fuer die Arbeit sind aus Zeitverschiebungsgruenden auch nicht so leicht zu arrangieren – wie schon berichtet. Und fuer den Oelwechsel muessen wir zu einer Zeit an einer Werkstatt sein, zu der diese auch offen hat und einen Schuhreparaturladen finde ich hoffentlich in der naechstgroesseren Stadt.

Manchmal versinke ich in diesem Meer an kleinen und grossen Aufgaben, die eigentlich gar nicht so kompliziert sind. Aber trotzdem dauert alles so viel laenger als in einer gewohnten Umgebung und deswegen vergeht gerade nicht selten ein “Ruhetag”, an dem ich hinterher den Eindruck habe, nichts geschafft zu haben. Wahrscheinlich muss ich mich daran gewoehnen, Dinge nicht so schnell abhaken zu koennen und mit unerledigten Aufgaben zu leben. Und das dann auch mal gut sein zu lassen. Interessanterweise konnte ich das zuhause ziemlich gut – vielleicht ist das hier einfach eine andere Dimension?

Gesundheit und Arbeit: Was mir gut tut

Seit Mitte Februar bin ich nun fast durchgehend unterwegs, war viel beim Wandern, bin in vielen Seen und Fluessen geschwommen, war viel draussen. Und habe nur selten zwei Naechte an einem Ort geschlafen. Daher ist es gerade an der Zeit, mal wieder etwas langsamer zu machen. Wir sind seit ein paar Naechten an einem Campingplatz am Meer und neben Ausruhen in Form von Lesen, Strandspaziergaengen und Sonne auf die Haut scheinen lassen, komme ich auch dazu, so einiges nachzuholen, was in der letzten Zeit zu kurz gekommen ist. D.h. Mails und Blog schreiben, Fotos hochladen und sortieren, fuer die Arbeit recherchieren und vieles mehr. Alles in allem sitze ich stundenlang vor dem Computer und merke wieder mal, dass ich das absolut nicht mehr gewoehnt bin: Meine Augen werden nach ein paar Stunden trocken, ich habe den ganzen Tag lang fast keinen Hunger und bekomme nach dem vielen Sitzen oft Bauchweh, weil mir die Bewegung fehlt. Diese und andere Symptome fallen mir momentan sehr auf, weil sie aus der Reihe fallen. Vor einem Jahr haette ich sie wahrscheinlich normal gefunden oder zumindest nicht direkt auf das viele Sitzen oder auf die Arbeit vor dem Computer zurueckgefuehrt.

Und so merke ich immer mehr, dass mir diese beiden Sachen nicht gut tun. Schon in Deutschland habe ich bei Seminaren, sofern es moeglich war, gerne draussen gearbeitet und gemerkt, dass mir die frische Luft gut tut. Auch konnte ich noch nie besonders gut still sitzen, vor allem nicht auf einem Stuhl mit beiden Beinen auf dem Boden, wie es die gute Erziehung (nicht die meiner Eltern 😉 ) vorschreibt. Ich kann aber sehr gut mit hochgelegten Beinen sitzen oder im Liegen zuhoeren. Gerne draussen, unter einem schattenspendenden Baum. Und statt 5 Stunden alleine vor einem Computer zu sitzen, diskutiere ich zwischendurch lieber mit Menschen und stehe alle 15 Minuten auf, um irgendwas zu holen.

Natuerlich gibt es hier Ausnahmen und es ist nicht alles klar: Wenn ich einen Text schreibe, macht es fuer mich auch Sinn, laenger als 15 Minuten am Stueck sitzenzubleiben. Und manchmal lenken mich die Geraeusche draussen zu sehr ab. Und ich finde, dass Computer insgesamt schon sehr sinnvolle Hilfsmittel sind.

Und so bleibt am Schluss die Frage, wie ich arbeiten (und damit ist automatisch auch immer leben gemeint) moechte. Welche Taetigkeiten moechte ich ausfuehren und unter welchen Bedingungen? Und wie lange pro Tag / pro Woche? Ich habe darauf keine eindeutigen Antworten, weil das fuer mich auch noch von ganz vielen anderen Faktoren abhaengt (Kolleg_innen, Wetter, Aufgabe, Ziele, …). Nur gerade jetzt weiss ich ziemlich eindeutig, dass es mir an Tagen an denen ich nicht 5 Stunden vor dem Computer sitze, gesundheitlich besser geht. Diese Erkenntnis klingt fast zu einfach, als dass sie von Bedeutung sein koennte. Stimmt an und fuer sich, das Schwierige ist natuerlich auch, etwas daraus zu machen und das Leben daraufhin gehend zu veraendern. In diesem Sinne, Gute Nacht!