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Ein Tag in unserem Leben

5. September, 2015

Annika und Roberto von Tasting Travels hatten eine tolle Idee: Sie waehlten einen Tag aus (5. September 2015) und luden fahrradreisende Freund_innen ein, diesen Tag zu dokumentieren: Radelzeiten, gefahrene km, Essen, Begegnungen, Probleme, Herausforderungen und so weiter. Wir entschlossen uns sofort, mitzumachen. Dann kam der 5. September und wir fingen damit an, eine Menge Fotos zu machen. Mehr als wir sonst machen – was irendwie auch ein bisschen anstrengend war. Dazu waere es gut gewesen, alle moeglichen Gedanken, Probleme und wunderbare kleine Dinge, die uns passiert sind, aufzuschreiben, um sie nicht zu vergessen. Tja, so diszipliniert sind wir leider nicht. Wir verbrachten den Abend und die naechsten Tage mit wunderbaren Gastgeber_innen und erholten uns von 5 anstrengenden Radeltagen. Und so verging einige Zeit und so ca. eine Woche spaeter fiel uns auf, dass eine unserer Kameras weg ist und mit ihr eine Menge Bilder.

Das ist also eine Art Kompromiss – hier kommt der 5. September so gut wir uns eben an ihn erinnern ;):

(der Post kommt ungefaehr 2 Monate spaeter, da der Blog etwas hinterherhinkt)

5:45 Uhr: Unser Wecker klingelt zum ersten Mal. Und dann viele weitere Male. Achja, die geliebte Snooze-Funktion!

7:00 Uhr: Wir stehen tatsaechlich auf. Es ist ein weiterer sonniger Tag in Home Hill, noerdliches Queensland, Australien. Letzte Nacht haben wir unser Zelt auf den Showgrounds (Platz fuer diverse Maerkte, Tierschauen) in Home Hill aufgestellt. Auf vielen Showgrounds in Australien kann man campen, wenn dort gerade nichts los ist. Wir schaetzen besonders die Duschen und Toiletten fuer wenig Geld.

107:20 Uhr: Wir sind mitten im taeglichen Packprozess. Unser ‘Haus’ muss in die Taschen passen, also rollen und stopfen wir die Schlafsaecke und Matten, bauen das Zelt ab und alles wird in den Taschen verstaut. Ueblicherweise machen wir das vor dem Fruehstueck, damit es danach schneller geht.

27:40 Uhr: Torsten macht Kaffee auf dem MSR Whisperlite – etwas auf das wir selten verzichten. Da es ziemlich windig ist, brauchen wir den Windschutz. Neben Kaffee gibt es morgens meistens Muesli. Da wir nur noch Haferflocken haben, wuerzen wir diese mit ein bisschen Chaigewuerz – gar nicht schlecht!

3408:40 Uhr: Alles ist gepackt, die Wasserflaschen sind voll und wir koennen los!

509:00 Uhr: Heute folgen wir dem Bruce Highway bis nach Townsville. Die Sonne scheint kraeftig und wir sind jeder Wolke am Himmel fuer eine kleine Sonnenpause dankbar. Queensland wird auch der Sonnenscheinstaat genannt und bis jetzt stimmt das absolut. Wir hatten ueberdurchschnittlich gutes Wetter bisher.

609:30 Uhr: Wir halten schon bald wieder an, um bei einem Coles Supermarkt Essen einzukaufen. Lisi hat schon wieder Hunger und fruehstueckt anschliessend gleich zum zweiten Mal. Dieses Mal gibts frisches Brot und leckeren Weichkaese mit Pfeffer (war im Angebot 😉 ) und dazu Saft.

10:30 Uhr: Und es geht weiter. Dunkle Wolken haengen ueber uns, aber wir bleiben trocken.

7Um uns rum waechst Zuckerrohr, was die beliebteste Feldfrucht in der Gegend zu sein scheint. Auf dem Fahrrad kann man das auch riechen – es liegt fast dauernd ein Karamellduft in der Luft!

8Leider sehen wir auch viele tote Tiere auf der Strasse, meistens Kaengarus und Wallabies (eine Art kleines Kaengaru). Meistens riechen wir sie bevor wir sie sehen – ein totes Tier riecht ziemlich stark in diesem heissen Klima.

 12:20 Uhr: Mittagspause mit Obst. Ein grosser Obstladen neben der Strasse laedt uns ein, ihre Picknicktische zu benutzen – super! Heute gibt es naemlich ausnahmsweise mal keine Raststaetten mit Tischen und Schatten. Neben frischem Obst gibt es Baguette, Nutella, Marmelade, Kaese… also unser uebliches australisches Mittagessen, wenn wir nicht noch was vom Abend vorher uebrig haben.

13:30 Uhr: Das Land um uns rum ist sehr trocken und Buschbraende sind nicht unueblich. Strassen wirken oft als Feuerschneisen und so sieht es auf unserer rechten Seite ganz braun und abgebrannt aus und links ueppig und gruen.

9 1014:20 Uhr: Nur noch 37km! Und uebrigens – falls ihr nach euren Zielen (Aims) im Leben sucht – die sind nur 16km entfernt! 😉

1114:30 Uhr: Ein Platten, der dritte in drei Tagen, das nervt! Aber was koennen wir schon machen? Die Schwalbe Marathon Reifen warten in Cairns!

15:15 Uhr: Eine Raststaette mit Stuehlen tuts als Pausenplatz – wiegesagt, mit Picknickplaetzen siehts heute eng aus. Wir essen unsere Ananas und andere Fruechte, die bei heissen Wetter besonders gut schmecken. Dazu gibt es Kekse und irgendwie koennen wir der Versuchung von ueberteuerten Tankstelleneis widerstehen.

 16:30 UhrTrotz des Plattens kommen wir frueher in Townsville an als gedacht. Und da es heiss und schwuel war, haben wir Lust auf eine kleine Pause bevor wir uns auf den Weg zu unserer Gastgeberin machen. Also goennen wir uns einen Kaffee bei Hungry Jacks (mit einem kleinen schlechten Gewissen). Manchmal tut es gut, ein bisschen Zeit fuer sich zu haben und nicht viel zu tun.

16:50 Uhr: Wir kaufen etwas Essen und Wein fuer ein gemeinsames Abendessen ein. Coles verkauft hier keinen Alkohol, also stolpern wir auf unserer Suche auf einen Drive-Through-Alkoholladen. Hier kann man im Auto sitzen bleiben waehrend sich jemand um alle alkoholischen Beduerfnisse kuemmert. Da muss ich doch kurz schmunzeln.

17:20 Uhr: Endlich kommen wir bei unserem Ziel fuer heute an: Kay, unsere warmshowers-Gastgeberin, heisst uns herzlich willkommen und wir koennten uns gar nicht mehr zuhause fuehlen. Sie und ihr Mann haben ein wunderbar inspirierendes Haus: Es ist in einer Weise gebaut, dass Luft auf natuerliche Art hindurchstroemt und das Haus ganz ohne Elektrizitaet kuehlt. Es ist umgeben von heimischen Pflanzen, einem gruenen Garten und einem Pool! All diese Annehmlichkeiten muessen aber auf einen anderen Tag warten. Heute machen wir es uns in unserem gemuetlichen Gaestezimmer bequem und lernen Kay mit einem Glas Wein und Snacks kennen, waehrend wir gemeinsam das Abendessen zubereiten.

12 13Heute war ein guter Tag. Wir sind 98km gefahren, was relativ einfach war (flach und manchmal sogar Rueckenwind). Ja, wir haetten nateurlich frueher aufstehen und so die schlimmste Hitze vermeiden koennen und irgendwann tun wir das vielleicht auch. Es ist nicht viel passiert heute, der Grossteil des Tages bestand aus ruhigem Fahrradfahren am immer gleichen Highway entlang.

Aber trotzdem gab es all die grossen und kleinen Dinge, die aus einem normalen Tag einen perfekten Fahrradtag machen: genug Sonne um sich gut zu fuehlen, genug Wolken, um Pause von der Sonne zu haben, lustige Strassenschilder, ein leckerer Obststand mit einem Tisch im Schatten, Autofahrer_innen, die uns ‘Daumen-hoch’ signalisieren und nicht zuletzt, dass wir uns koerperlich gut fuehlen. Und dann duerfen wir Kay treffen und fuehlen uns wunderbar wohl in ihrer Gesellschaft. Es ist wie nach Hause kommen nach einem Ausflug und das ist genau das, was heute perfekt macht. Und dann gibt es noch Birnen-Crumble als Nachspeise – mmhhh!!!

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Neue Gewohnheiten – die Siesta kommt!

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Aufwachen neben Palmen

Heute wache ich ganz erholt auf – ausnahmweise mal ohne Wecker. Nachdem ich noch ein bisschen im Bett liegen bleibe, schaue ich auf die Uhr und denke, dass es schon ziemlich spaet sein muss. Und sehe, dass es noch nicht mal 8 Uhr morgens ist. Und ich habe ausgeschlafen!

Ich erinnere mich noch, wie ich als Jugendliche unglaeubig meinen Eltern zugehoert habe, als sie ueber ihre Wochenendgewohnheiten gesprochen haben und meinten, dass sie heute mal richtig ausgeschlafen haben. Bis 8 oder 9 Uhr. Das war voellig unverstaendlich fuer mich, da Ausschlafen mindestens bis 10 oder 11 Uhr schlafen heisst! Mindestens!

Tja und hier bin ich nun, einige Jahre spaeter und fuehle mich erholt und bereit, den Tag anzufangen. Um 8 Uhr morgens. Was mich zum Nachdenken ueber veraenderte Gewohnheiten bringt.

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Die Temperaturen steigen

Ich erinere mich, dass wir am Anfang unserer Tour darueber gesprochen hatten, dass es eigentlich sinnvoll waere, frueher aufzustehen, um mehr Tageslicht zu haben. Und spaetestens, wenn es dann zu warm wird, um mittags Fahrradzufahren, muessten wir wirklich frueher aufstehen. Aber das war ja noch lange weg.

Tja und hier sind wir nun. Seitdem wir vor ein paar Tagen inland Richtung Zentral-Queensland abgebogen sind, trage ich mein leichtestes Fahrradshirt, creme mich mehrmals am Tag mit SPF50 Sonnencreme ein und habe heute grosse Lust auf einen Mittagsschlaf. Es ist einfach zu heiss zum Radeln.

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Morgenlicht

Also machen wir unsere erste Siesta (laaange Mittagspause) und schaffen es tatsaechlich, am naechsten Tag um 6 Uhr aufzustehen. Bis wir gefruehstueckt, unser Zelt und alle Taschen gepackt haben, vergehen immer noch zwei Stunden und so ist es 8 Uhr als wir losfahren. Aber das Radeln am Morgen ist angenehm.

Es ist nicht gerade leicht fuer mich, frueh aufzustehen und gleich produktiv zu sein – vor allem regelmaessig. Ich fange meine Tage gerne langsam an, mit einem gemuetlichen Fruehstueck, einem oder zwei Kaffees und vielleicht ein paar Seiten in einem guten Buch. Aber das scheint einfach nicht mit Fahrradreisen in einem heissen Klima zusammen zu passen. Torsten schlaegt vor, dass ich diese gemuetliche Morgenzeit einfach auf mittags verlegen soll. Das werde ich die naechste Zeit versuchen und es klingt schon irgendwie besser, als in der bruetenden Mittagshitze Berge zu erklimmen und mit Gegenwinden zu kaempfen.

Aber ja, aus diesen Gruenden fuehle ich mich momentan um 8 Uhr total ausgeschlafen. Aber keine Angst, das aendert sich bestimmt wieder ;).

Durch die Waelder

p1110619 Ein neuer Tag beginnt und es ist ein ruhiger Radeltag mit wenig Verkehr. Kurz nachdem wir Rae und Bobs Haus verlassen, halten wir nochmal an und Torsten zieht seinen wackeligen Vorderradgepaecktraeger fest. Danach verliere ich mich in meinen Gedanken waehrend wir gemuetlich ueber Berge und Sandstrassen fahren. Ich bin auch ein bisschen traurig. Die Zeit mit Rae und Bob war einfach wunderschoen: Ich habe lange nicht mehr so viel gelacht und wir haben uns schnell sehr gut verstanden. Der Abschied war schwer fuer mich und ich vermisse sie ein bisschen.

p1110621Waehrend unserer Mittagspause halten zwei Bauern an und fragen, ob wir ihre entlaufenen Kuehe gesehen haben. Wir verneinen und erzaehlen ihnen ein bisschen was von unserer Tour. Die beiden lachen unglaeubig. Neben dieser Begegnung passiert nicht viel und wir finden einen Platz fuer unser Zelt als es dunkel wird.

p1110631_v1Ich stampfe laut durch das hohe Gras, um Schlangen zu vertreiben und dann goennen wir uns jede_r eine Halb-Flaschen-Dusche. Nicht sehr ergiebig, aber es gibt hier kein Wasser und unsere Vorraete reichen gerade mal noch fuers Abendessen.

Unsere erste Mission am naechsten Tag ist dann also, in ein nahegelegenes Dorf zu fahren und Wasser zu finden. Dort treffen wir eine nette Frau, die uns unsere Wasserflaschen an ihrem Regenwassertank auffuellen laesst. Wir unterhalten uns ein bisschen und radeln dann zum Strand, um zu fruehstuecken. Daran koennte ich mich gewoehnen:

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Spaeter, als wir nach Maryborough fahren, entdecken wir diese faszinierende Fledermauskolonie:

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Nachdem wir uns in Maryborough wieder mit Lebensmitteln eingedeckt haben, beginnt unsere langwierige Suche nach einem Schlafplatz. Meistens benuzten wir fuer unsere Navigation On- und Offlinekarten auf unseren Telefonen und das hat bis jetzt auch ganz gut geklappt. Aber heute schlaegt Google Maps eine Route vor, die es einfach nicht gibt. Also landen wir irgendwo zwischen Ananasfeldern und einem Wald statt einem Campingplatz mit Dusche. Aber nun gut, wir finden einen ganz gut versteckten Platz im Wald fuer unser Zelt und bauen auf. Am Morgen geniessen wir dafuer ein wunderschoenes Fruehstueck neben einem kleinen See…

p1110662 und einem Ananasfeld.

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Danach beginnt ein neuer Radeltag. Ich liebe das Licht und die Farben in Australien – das macht Fotografieren wirklich einfach.

Himmel und Erde:

p1110669Alles voller Zuckerrohrfelder:

p1110675Und Zuckerrohrfeuer (die Reste werden von den Zuckerfabriken verbrannt):

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Heute brauchen wir dringend eine Dusche und zelten daher neben einem Gasthaus. So einige Gasthaeuser bieten hier einen kostenlosen Zeltplatz (bzw. Stellplatz fuer Wohnwaegen) an, wenn man dafuer ein Bier trinkt oder etwas isst. Direkt vor dem letzten Huegel finde ich alles auf einmal furchtbar anstrengend und fuehle mich ungefaehr so langsam wie am Anfang als es bergauf ging. Das ist nicht besonders gut fuer meine Stimmung bis ich nach unten kucke und meinen ersten Platten dieser Tour entdecke. Naja, es haette zu keiner besseren Zeit kommen koennen! Ich pumpe noch einmal schnell auf, strampele den Huegel hoch und beschliesse dann, den Schlauch am Morgen zu flicken. Jetzt geniessen wir erstmal unser wohlverdientes Bier und mehr noch die Dusche in der Dixieklo / -dusche / -waschbeckenkombination. Lustig!

Der naechste Tag ist anstrengend. Wir haben online einen netten kleinen Campingplatz gefunden, der aber leider 110km weg ist. Das allein waere schon viel, aber natuerlich sind da noch so einige Huegel dazwischen und – wie koennte es anders sein – der Gegenwind macht sich heute mal wieder besonders bemerkbar. Im Laufe des Tages wird mir klar, dass weiterfahren immer anstrengender wird und noch dazu wird es schon dunkel. Wir ueberlegen, wild zu zelten, haben aber klein Glueck mit der Suche, da alles abgezaeunt ist oder sonstwie schlecht zu erreichen. Torsten macht das nicht viel aus, da er noch genug Energie hat, aber nach 100km habe ich genug. Wir haben ausserdem nicht genug Essen fuer morgen und entscheiden uns daher, in einem nahegelegenen Campingplatz neben einer Tankstelle zu bleiben. Direkt neben der Tankstelle heisst auch direkt neben der Strasse und mittendrin stehen wir eingepfercht zwischen Wohnwaegen.

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Es ist nicht besonders schön, aber es gibt Pommes und so müssen wir nicht kochen. Mit einer Serie verkriechen wir uns ins Zelt und erholen uns von dem langen Tag. Morgen geht’s weiter!