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4 Weeks / 4 Wochen

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Coincidentally I’m in Malaysia at the moment. Enjoying the warmth and unbelievable amounts of fascinating streetfood. Even more coincidentally we learn that visa-runs (after 12 months of stay) are a bit harder in New Zealand as you either have to fly out of the country or do lots of expensive health tests. So – tada – we’ll be in Australia in 4 weeks! Without our car but with touring bicycles. With panniers and backpack (let’s see how that goes).

So long did we talk about bicycle touring and now it finally becomes reality. A bit scary, I admit. Thinking of the 1000 things we still need to do (like selling our car, mount racks and panniers, clean the bike thoroughly again, and go hiking and sleeping in huts in New Zealand at least several times again…) can be a bit overwhelming.

But today I woke with a smile on my face, feeling the exitement of new beginnings in general and this one in particular. It is only cycling after all. I’ve done it since I was 4 years old. And all the other stuff will figure itself out.

 

4 Wochen

Wie es der Zufall so will, bin ich gerade in Malaysia und geniesse die Waerme und unglaublich viel tolles Essen. Und wie es noch mehr Zufaelle wollen, erfahren wir dass Visum verlaengern in Neuseeland nicht so einfach ist. Daher – tamtam – geht es in 4 Wochen nach Australien! Ohne Auto und mit Fahrrad. Mit Packtaschen – und der Rucksack kommt auch erst mal noch mit. Wir haben so lange von dieser Fahrradtour geredet und jetzt wird es also ploetzlich real.

Gefuehlt geht das gerade alles wahnsinnig schnell und ich bin etwas ueberfordert, wenn ich an die 1000 Dinge denke, die noch erledigt werden muessen (Auto verkaufen, Packtaschen montieren, Rad wiedermal putzen, in Neuseeland mindestens noch mehrmals wandern gehen und auf Huetten schlafen…).

Aber heute bin ich mit einem Grinsen auf dem Gesicht aufgewacht und habe mich einfach gefreut, dass es bald losgeht. Immerhin, es ist nur Fahrradfahren. Das mache ich schon seit ich 4 Jahre alt bin. Und alles andere wird sich auch irgendwie klaeren.

Que sera sera

Whanganui im Morgennebel
Whanganui im Morgennebel

Ich sitze in einem grossen Wintergarten. Durch riesige Glasfenster kann ich tief unter mir das Whanganui-Flusstal sehen. Morgens versinkt es im Nebel, manchmal bricht dann die Sonne durch, manchmal faengt ein leiser Regen an. Den Regen fuerchten wir alle. Seit ein paar Tagen warten wir darauf, mit einem Kanu vier Tage ueber den Whanganui zu paddeln. Und da es in letzter Zeit viel – zu viel – geregnet hat, hat der Fluss zu viel Wasser, um sicher paddeln zu koennen. Also warten wir. Nachts schlafen wir in unserem Auto, tagsueber gehen wir Fahrradfahren, Kaffee trinken und lesen. Abends spielen wir Spiele, reden, trinken Bier, lachen…

Neben uns fuenf, die aufs Kanufahren warten, sind da noch die drei Kinder des Kanuverleihers, die uns Gesellschaft leisten. Eine lustige Mischung. Ich freue mich, mal wieder laenger Gesellschaft zu haben und die Kanutour in einer Gruppe zu unternehmen. Und manchmal wird mir der ganze Trubel doch fast zu viel – so viele Menschen auf einmal, es ist laut mit ganz viel Bewegung und Wirbel um mich rum. Was fuer ein Unterscheid zu der Ruhe und der Natur, die ich in der letzten Zeit um mich hatte!

Und doch bin ich irgendwie tiefenentspannt. Das Warten macht mir nichts aus, es ist halt so wie es ist. Manchmal ist das Wetter gut, manchmal ist es schlecht. Manchmal lassen sich die eigenen Plaene genauso umsetzen, weil die Sonne scheint und die Tage lang sind. Und manchmal regnet es drei Tage am Stueck und die zweitaegige Wanderung klingt auf einmal nicht mehr so vielversprechend. Und wenn man sich trotzdem auf dem Weg macht, wird es vielleicht noch besser als erwartet, weil der Regenwald im Regen zum Leben erwacht und viel gruenglitzernder ist als im Sonnenschein. Wie auch immer es kommt, es ist nicht alles planbar, es ist im Fluss, es veraendert sich.

Morgen aber schon koennen wir wahrscheinlich paddeln gehen. Das Flusslevel sinkt, es sieht gut aus. Und wenn nicht, dann ganz bestimmt uebermorgen!

Unerledigte To-Do-Listen

In letzter Zeit merke ich oefters, dass ich an unseren Ruhetagen wesentlich angespannter bin, als an Tagen, an denen wir wandern oder Fahrrad fahren. Ein Gedanke ist, dass mir die Bewegung mittlerweile doch sehr schnell fehlt, aber das stimmt nur teilweise.
Die sogenannten Ruhetage verbringen wir oft in einem Hostel oder einem Campingplatz – moeglichst mit Internetzugang – und arbeiten an unseren jeweiligen Projekten. Fuer mich heisst das, dass ich versuche, einige Dinge von meiner To-Do-Liste zu erledigen. Hier ein Auszug:

  • Festplattenkopie erledigen und vorher den richtigen Adapter fuer die aufMACzugeschnitteneFestplatte finden und anschliessen
  • Post beim Postamt abholen
  • Telefonate fuer die Arbeit arrangieren und erledigen
  • Mails schreiben
  • Schuhreparaturladen finden
  • Recherche welches Zelt fuer die Fahrradtour am besten geeignet ist
  • Fahrradgepaecktraeger bestellen und montieren
  • Oelwechsel fuer unser Auto
  • … und achja dann noch entscheiden und recherchieren, was wir morgen und uebermorgen und ueberuebermorgen eigentlich machen wollen ausser To-Do-Listen abzuarbeiten.

Hm, eigentlich gar nicht so viel und trotzdem habe ich in letzter Zeit immer oefters den Eindruck, dass ich wahnsinnig viel zu erledigen habe. Ich vermute, das kommt unter anderem daher, dass ich vieles von dieser Liste weder sofort erledigen noch eindeutig abhaken kann: Die Post kann ich erst abholen, wenn ich wieder in der jeweiligen Stadt vorbeikomme, wo ich sie hinbestellt habe. Erst wenn ich da war, werde ich den Fahrradgepaecktraeger in der Hand halten und probeweise montieren koennen. Telefonate fuer die Arbeit sind aus Zeitverschiebungsgruenden auch nicht so leicht zu arrangieren – wie schon berichtet. Und fuer den Oelwechsel muessen wir zu einer Zeit an einer Werkstatt sein, zu der diese auch offen hat und einen Schuhreparaturladen finde ich hoffentlich in der naechstgroesseren Stadt.

Manchmal versinke ich in diesem Meer an kleinen und grossen Aufgaben, die eigentlich gar nicht so kompliziert sind. Aber trotzdem dauert alles so viel laenger als in einer gewohnten Umgebung und deswegen vergeht gerade nicht selten ein “Ruhetag”, an dem ich hinterher den Eindruck habe, nichts geschafft zu haben. Wahrscheinlich muss ich mich daran gewoehnen, Dinge nicht so schnell abhaken zu koennen und mit unerledigten Aufgaben zu leben. Und das dann auch mal gut sein zu lassen. Interessanterweise konnte ich das zuhause ziemlich gut – vielleicht ist das hier einfach eine andere Dimension?

Gesundheit und Arbeit: Was mir gut tut

Seit Mitte Februar bin ich nun fast durchgehend unterwegs, war viel beim Wandern, bin in vielen Seen und Fluessen geschwommen, war viel draussen. Und habe nur selten zwei Naechte an einem Ort geschlafen. Daher ist es gerade an der Zeit, mal wieder etwas langsamer zu machen. Wir sind seit ein paar Naechten an einem Campingplatz am Meer und neben Ausruhen in Form von Lesen, Strandspaziergaengen und Sonne auf die Haut scheinen lassen, komme ich auch dazu, so einiges nachzuholen, was in der letzten Zeit zu kurz gekommen ist. D.h. Mails und Blog schreiben, Fotos hochladen und sortieren, fuer die Arbeit recherchieren und vieles mehr. Alles in allem sitze ich stundenlang vor dem Computer und merke wieder mal, dass ich das absolut nicht mehr gewoehnt bin: Meine Augen werden nach ein paar Stunden trocken, ich habe den ganzen Tag lang fast keinen Hunger und bekomme nach dem vielen Sitzen oft Bauchweh, weil mir die Bewegung fehlt. Diese und andere Symptome fallen mir momentan sehr auf, weil sie aus der Reihe fallen. Vor einem Jahr haette ich sie wahrscheinlich normal gefunden oder zumindest nicht direkt auf das viele Sitzen oder auf die Arbeit vor dem Computer zurueckgefuehrt.

Und so merke ich immer mehr, dass mir diese beiden Sachen nicht gut tun. Schon in Deutschland habe ich bei Seminaren, sofern es moeglich war, gerne draussen gearbeitet und gemerkt, dass mir die frische Luft gut tut. Auch konnte ich noch nie besonders gut still sitzen, vor allem nicht auf einem Stuhl mit beiden Beinen auf dem Boden, wie es die gute Erziehung (nicht die meiner Eltern 😉 ) vorschreibt. Ich kann aber sehr gut mit hochgelegten Beinen sitzen oder im Liegen zuhoeren. Gerne draussen, unter einem schattenspendenden Baum. Und statt 5 Stunden alleine vor einem Computer zu sitzen, diskutiere ich zwischendurch lieber mit Menschen und stehe alle 15 Minuten auf, um irgendwas zu holen.

Natuerlich gibt es hier Ausnahmen und es ist nicht alles klar: Wenn ich einen Text schreibe, macht es fuer mich auch Sinn, laenger als 15 Minuten am Stueck sitzenzubleiben. Und manchmal lenken mich die Geraeusche draussen zu sehr ab. Und ich finde, dass Computer insgesamt schon sehr sinnvolle Hilfsmittel sind.

Und so bleibt am Schluss die Frage, wie ich arbeiten (und damit ist automatisch auch immer leben gemeint) moechte. Welche Taetigkeiten moechte ich ausfuehren und unter welchen Bedingungen? Und wie lange pro Tag / pro Woche? Ich habe darauf keine eindeutigen Antworten, weil das fuer mich auch noch von ganz vielen anderen Faktoren abhaengt (Kolleg_innen, Wetter, Aufgabe, Ziele, …). Nur gerade jetzt weiss ich ziemlich eindeutig, dass es mir an Tagen an denen ich nicht 5 Stunden vor dem Computer sitze, gesundheitlich besser geht. Diese Erkenntnis klingt fast zu einfach, als dass sie von Bedeutung sein koennte. Stimmt an und fuer sich, das Schwierige ist natuerlich auch, etwas daraus zu machen und das Leben daraufhin gehend zu veraendern. In diesem Sinne, Gute Nacht!

Work and Travel als Lebenskonzept

Seit langer Zeit bin ich mal wieder eine Nacht in einem Hostel. Als wir ankommen, laeuft der Fernseher auf vollen Touren und ein paar Leute kucken “Herr der Ringe”. In Neuseeland. Klischee? Ja, ein bisschen ;). Spaeter backen wir Brot, kochen Essen und sitzen lange in der gemuetlichen Kueche, zwischen vielen anderen Menschen. Manche nur auf der Durchreise, andere bleiben laenger hier und arbeiten ein bisschen.
Immer wieder hoere ich ein paar Gespraechsfetzen, einer davon bleibt haengen: “…am liebsten wuerde ich immer so weitermachen wie jetzt [ein bisschen arbeiten, viel Freizeit, Reisen; Anm. d. Verf.], aber in Deutschland wuerde man mich dann faul nennen. Hier heisst das Work and Travel.”

Spannend, diese Aussage! Und irgendwie begegne ich diesem Wunsch nach Ausbrechen, nach Freiheit immer wieder hier in Neuseeland. Mein Eindruck ist, dass viele mit dem Ziel hierher kommen, nach Schule oder Uni einmal im Leben frei von Verpflichtungen zu sein, einmal frei von einem Lebens- und Arbeitskonzept, das die Gesellschaft vorschreibt. Ich kann diesen Wunsch nachvollziehen und finde es doch oft widerspruechlich, dass diese Freiheit auf eine gewisse Zeit begrenzt zu sein scheint. Nach laengstens einem Jahr mit einer Mischung aus Reisen, Arbeiten und Leben wie es gerade gut tut, geht es wieder in das “richtige Leben” zurueck. Dann ist der Urlaub vorbei und die Verpflichtungen beginnen. Das ist die scheinbare Normalitaet, die ich wahrnehme und die ich in Frage stellen moechte.

Ist Work and Travel als Lebenskonzept moeglich? Was wuerde das ueberhaupt heissen? Arbeit und Reisen im Wechsel oder ineinander verwoben und verflochten? Sicherlich muesste auch ein gewisses Losloesen von gesellschaftlichen Lebens- und Arbeitskonzepten dabei sein – vielleicht muesste mensch sich viel mehr Fragen stellen wie: Von welchen Verpflichtungen und Abhaengigkeiten moechte ich mich loesen (Arbeit, Geld, Konventionen)? Aber auch: In welche Abhaengigkeiten und Beziehungen moechte ich mich begeben und Energie stecken? Welche Menschen tun mir gut und sollen ein Teil von meinem Leben sein? Mit welchen Themen moechte ich mich beschaeftigen?

Keine ausgereiften Konzepte, aber viele Fragen und Ideen, die mich da beschaeftigen…

Ist das Urlaub oder Was machst du eigentlich?

Ich sitze an einer Bank im Gras und sehe einem Fluss zu, der langsam an mir vorueberzieht. Sonne und Schatten wechseln sich ab und das Wasser ist warm genug zum Schwimmen. Ist das hier eigentlich Urlaub?
Auf dem Tisch vor mir steht mein Laptop und ich recherchiere Unterkuenfte fuer ein Seminar in Malaysia. Ich muss das moeglichst noch heute fertig bekommen, weil es hier auf dem Campingplatz Internet gibt und unser Zugang noch bis morgen frueh um 9 Uhr bezahlt ist. Und wenn wir in den naechsten Tagen wieder wandern, weiss ich nicht, ob wir Handynetz geschweige denn Internet oder Strom fuer meinen Laptop haben. Also suche und vergleiche ich und lasse mich waehrenddessen gelegentlich von Sandfliegen stechen. Ist das hier eigentlich Urlaub?

Seit einer Weile habe ich wieder Arbeit, eine Arbeit die mir sehr viel Spass macht. Einiges davon kann und muss ich in den naechsten Wochen online bzw. telefonisch erledigen. Das ist eine grossartige Sache – ich kann inhaltlich das machen was ich moechte und gleichzeitig arbeiten wo immer ich gerade bin! Aber achja genau – ich muss auch arbeiten wo immer ich gerade bin.

Also kein Urlaub. Schliesslich habe ich ja Arbeit. Und trotzdem ist vieles anders. Ich kann mir aussuchen, wann ich arbeite. Ich kann zwischendrin kurz schwimmen gehen und dann weiter machen. Die Ortswahl ist ebenfalls frei und so stehen Buechereien, Cafes und eben Tische am Fluss zur Auswahl. Soweit das WLan reicht. Natuerlich muss ich mich auch an Termine halten und bei 12 Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland kann ein einfacher Anruf schon eine koordinatorische Herausforderung bedeuten. Und es ist nicht immer leicht, sich in einem Cafe zu konzentrieren oder sich nach einer Stunde zu fragen, ob es jetzt eigentlich noch okay ist, einen Tisch zu besetzen.

Aber es ist irgendwie schoen so. Es gibt gerade keinen Montag und keinen Samstag, es gibt nur Tage. Das was ich fuer die “Arbeit” mache unterscheidet sich gefuehlt nicht gross von sonstigen Aufgaben. Die “Arbeit” ist irgendwie in meinem Leben  verankert. So habe ich auf die Frage: “Und was machst du eigentlich?” gerade keine eindeutige Antwort. Aber dafuer ein paar davon:

Ich reise. Ich wandere. Ich beschaeftige mich mit Themen wie Rassismus und Diskriminierung. Ich lasse mich von Menschen inspirieren. Ich hoere zu. Ich plane Reisen.

Und so.

Invercargill: Kunst und Engagement

Invercargill liegt ganz im Sueden von Neuseeland. Es ist eine eher kleine Stadt, die vielen nur als Durchreisestation mit den Zielen Stewart Island oder Milford Sound dient. Wir planen, ein paar Tage zu bleiben, um nach unserer Wwoofingzeit in Tuatapere wieder ein bisschen Stadtgefuehl aufkommen zu lassen. Das bedeutet vor allem, Lebensmittel etwas guenstiger einzukaufen als in den kleinen Laeden unterwegs und noch einmal unbeschraenkt Zugang zu Internet und Strom zu haben, bevor es dann nach Stewart Island geht. Ausserdem brauchen wir Wanderschuhe fuer T. Grosse Erwartungen habe ich nicht an die Stadt, es geht eher um praktische Sachen. Da es gemuetliche Campingplaetze nur weit ausserhalb der Stadt gibt und wir auch mal wieder Lust auf andere Menschen haben, schreibe ich bei Couchsurfing zwei Hosts an, ob wir bei ihnen schlafen duerfen. Ganz ueberraschend bekomme ich innerhalb von einer Stunde zwei Zusagen und wir entscheiden uns, bei R zu schlafen.

WG-Leben

Als wir ankommen, ist R nicht zuhause und schreibt uns per SMS, dass wir es uns gemuetlich machen sollen und wo wir das Wlan-Passwort finden koennen. Wir kommen an und sind gerade am Ueberlegen, ob wir jetzt wirklich einfach durch die offene Hintertuer reingehen sollen, als auch R mit einem weiteren Couchsurfer ankommt. R wohnt in einer WG, die hinter ihrer Kueche eine kleine abgetrennte Flaeche hat. An der Wand angelehnt befinden sich mehrere Matratzen – hier ist Platz fuer Gaeste! Wir kommen ins Gespraech und ich finde die Atmosphaere sofort sehr gemuetlich und entspannt. T und ich haben vorher schon eingekauft, um fuer alle zu kochen und so gibt es Reis mit scharfem Gemuese. Bei Musik und Gespraechen verbringen wir einen schoenen Abend zusammen und lernen noch einen weiteren Mitbewohner kennen.

Demolition World

Die naechsten Tage drehen sich um Vorbereitungen fuer Stewart Island, wo wir hauptsaechlich wandern wollen. Und trotzdem machen wir auch immer wieder mal Pause, um mit R Mittag zu essen oder kleine Ausfluege zu unternehmen. R empfiehlt uns die Demolition World – eine Ausstellung in den Randbezirken von Invercargill, die von Menschen, die normalerweise Gebaeude abreissen, zusammengestellt wurde. Als wir ankommen, bin ich unglaublich begeistert und inspiriert: Hier stehen Huetten und Haeuschen aus vergangenen Jahrzehnten, die innen drin mit allem moeglichem KrimsKrams ausgestattet sind, der teilweise aus abgerissenen Gebaeuden und teilweise aus Secondhand-Laeden kommt. Wir sehen eine alte Schule, einen alten Tante-Emma-Laden und ein altes Kino mit Kinositzen, in dem sogar ein Film laeuft. In einem verwilderten Garten steht ein Bootsgerippe, alte Baenke und ein Kinderspielplatz mit abgeblaetterten Farben.

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Altes Boot

 

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Gemuetliche Bank

In einer der Huetten stehen ganz viele alte Essensbehaelter und auf dem gedeckten Tisch steht noch Essen. Witzig sehen auch die Schaufensterpuppen aus, die zum Beispiel als Krankenschwester oder als Verkaeuferin verkleidet sind. Teilweise mit lila Haaren oder lustiger Schminke.

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Punk-Krankenschwester

Und dann muesst ihr euch zu diesem Bild vorstellen, dass ueberall Huehner, Enten und Pfaue herumlaufen. Nebenan gibt es noch ein Gehege fuer Lamas und Ziegen.

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Hahn zwischen Koerben 😉
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Lama

Diese Zusammenstellung aus alten, teils schon vergessenen Dingen findet sich sonst oft in Museen, wo mensch eher leise sein sollte und ich fand es einzigartig toll, dass hier Tiere durchlaufen und den alten Haeusern so wieder ganz neues Leben entgegensteht. Statt andaechtiger Ruhe ist Gackern und Kraehen zu hoeren, was das alles auf eine ganz neue Art faszinierend macht!

Potluck – Veganes Engagement

Am Abend des naechsten Tages laedt uns R noch zu einem veganen Potluck ein. Das heisst uebersetzt, dass jede_r etwas veganes (ohne Fleisch, Milch, Ei und andere tierische Produkte) mitbringt und das dann mit allen geteilt wird. An sich mochte ich dieses Konzept des Mitbringens und Teilens immer schon sehr gerne und es war diesmal auch wieder unglaublich lecker! Mein Apple Crumble verschwand da schnell hinter Torten und Auflaeufen – aber ich glaube ich habe es tatsaechlich geschafft, von allen ca. 30 Gerichten zu probieren! Noch schoener fand ich an diesem Tag aber, dass ich wieder einmal in Kontakt mit engagierten Menschen gekommen bin. Dieser Kontakt, den ich in Rostock so selbstverstaendlich hatte, fehlt mir hier manchmal. An diesem Abend hatte ich aber ein paar tolle Gespraeche und habe wieder einmal gemerkt, dass es ueberall interessante und engagierte Menschen gibt – auch wenn ich es vorher nicht erwarte.

Ein Gespraech drehte sich zum Beispiel um Tierhaltung in Neuseeland. Ich habe bis jetzt nur die unzaehlig vielen Schafs- und Rinderherden auf den gruenen Weiden gesehen und hatte dadurch – ohne gross drueber nachzudenken – ein ziemlich romantisches Bild von Tierhaltung in Neuseeland. Leider gibt es aber auch hier Massentierhaltung, vor allem wohl von Rindern. Die grossen Staelle sind wohl eben nur etwas versteckter, als die Weiden.

Alles in allem, Invercargill und die Menschen dazu waren auf jeden Fall einen Besuch wert – naja eigentlich sogar zwei, wir sind nach Stewart Island nochmal 3 Tage haengen geblieben ;).

Gruppen und ihre Bedeutung

Die letzten Tage bevor wir Te Anau verlassen, bin ich oft unruhig und weiß nicht genau warum. Ich frage mich, ob ich die Arbeit vermissen werde oder das Gefühl, eine feste Aufgabe zu haben. Oder wird mir fehlen, dass ich in den letzten Wochen immer duschen konnte, wenn ich wollte oder dass nachts aufs Klo müssen, nicht heißt, sich erst anzuziehen und in die kalte Nacht raus zu müssen? 😉

Irgendwann kommt mir der Gedanke, der sich richtig anfühlt: Ich werde vermissen, Teil einer Gruppe zu sein. So komisch das erst einmal klingen mag – schliesslich bin ich auch beim Reisen nie alleine, aber dennoch haben Gruppen eine ganz besondere Bedeutung für mich: Ich habe mich seit ich denken kann, viel in Gruppen aufgehalten. Schon in der Schulzeit hatte ich mehrere Freundeskreise, die alle auf unterschiedliche Art und Weise wichtig waren und die ich nicht missen möchte. Später habe ich viele meiner wichtigsten Lernerfahrungen und Erkenntnisse in verschiedenen Gruppenzusammenhängen gesammelt, sei es auf verschiedenen Seminaren oder in Gruppen, die sich fuer etwas bestimmtes engagieren oder einsetzen.

So gerne ich manchmal alleine bin oder ein Gespräch zu zweit führe, brauche ich diese Verbindung mit mehreren Menschen doch in gleichem Masse. In Gruppen herrscht eine andere Dynamik als alleine oder zu zweit: Ideen können kreativer weitergesponnen werden, ich muss nicht alles alleine machen, sondern kann im Idealfall meine Stärken nutzen. Gleichzeitig kann ich in unterschiedlichen Gruppenzusammenhängen verschiedene Rollen übernehmen und mich so immer wieder anders einbringen. Dadurch werde ich immer wieder neu gefordert und entwickele mich weiter. Oder kann mich auch mal ausruhen, weil mir jemand etwas abnimmt.

Natürlich habe ich auch negative Seiten von Gruppen kennengelernt – so zum Beispiel die Seminargruppen an der Uni, wo viele oft nur das Nötigste gemacht haben. Aber in den selbstorganisierten Gruppen der letzten Jahre überwiegen die positiven Erfahrungen.

In den letzten Wochen war ich Teil einer Gruppe von Menschen, die gemeinsam in einem Cafe gearbeitet haben. Das war mit allen stressigen und entspannten Zeiten eine wertvolle Erfahrung und hat mich daran erinnert, wie wichtig mir diese Verbindung zu mehreren Menschen doch ist.

In diesem Sinne: Welchen Gruppen gehörst Du an? Welche Rollen übernimmst Du in diesen Zusammenhängen und welche würdest Du gerne übernehmen? Warum sind diese Gruppen wichtig für Dich?

Fahrrad als Sportgerät vs. Fortbewegungsmittel in Neuseeland

Bevor ich nach Neuseeland geflogen bin, habe ich einige Zeit überlegt, ob ich mein Fahrrad mitnehme oder mir hier ein neues kaufe. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass China Airlines das Rad kostenlos transportiert, solange ich die Gewichtsgrenze von 30 Kilogramm nicht überschreite, war die Entscheidung gefallen: Das Rad kommt mit!

In den vier Monaten, die ich nun hier bin, war ich oft schon sehr froh, ein Fahrrad zur Fortbewegung zu haben: Vor allem in Städten ist es herrlich entspannt, keinen Parkplatz für das Auto suchen zu müssen, sondern einfach mit dem Rad los zu rollen. Und trotzdem lassen sich auch größere Distanzen einfach überwinden ohne den örtlichen Nahverkehr verstehen oder bezahlen zu müssen. So kann ich mir Orte auf eine ganz andere Art schnell und unabhängig erschließen.

Auf gleichgesinnte Fahrradfahrer_innen treffe ich jedoch eher selten: Die Fahrradständer vor Läden und Cafés sind meist leer und bis auf einige Tourenfahrer_innen sehe ich relativ selten Menschen auf zwei Rädern. Fahrräder sind hingegen keine Seltenheit – sie begegnen mir nur meist auf einem Autofahrradständer. Mein Eindruck ist, dass Fahrräder hier weniger als Fortbewegungsmittel, sondern mehr als Sportgerät benutzt werden. )Natuerlich gibt es auch Ausnahmen, so habe ich zum Beispiel in Dunedin vor der Uni ganz viele Fahrräder gesehen.=

In jedem Fall gibt es viele ausgeschriebene Mountainbikestrecken und eine davon haben wir am Wochenende ausprobiert.

Mountainbiketour zum Mount Bee oder: Fahrradfahren lernen

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Mountainbiketrack am Mt. Bee in den Eyre-Mountains

Das war insgesamt eine durchaus lustige Erfahrung: Grundsätzlich fühle ich mich auf dem Fahrrad doch recht sicher – immerhin begleitet mich dieses eine Rad seitdem ich 15 Jahre alt bin. Grundsätzlich fahre ich dazu sehr gerne Fahrrad, auch bergauf und bergab. Auf Asphalt.

Auf der Strecke zum Mt. Bee habe ich mich hingegen teilweise gefühlt, als würde ich das Fahrradfahren neu lernen müssen. Die Straße war an manchen Stellen sehr ausgewaschen und hatte tiefe Gräben. Dazwischen große Steine und Sand auf dem es sich gut rutschen lässt. Teilweise bin ich also immer nur ein paar Meter weiter gekommen, bis das nächste Hindernis kam. Genauso bergab: Die riesigen Steine und der rutschige Sand ließen nicht das beste Fahrgefühl aufkommen.

Irgendwann habe ich es geschafft, mich zu überwinden und daran zu erinnern, dass ich ja eigentlich ein Mountainbike habe. Die Reifen sind dafür gemacht, auch rauere Untergründe auszuhalten und auch wenn der Hinterreifen ein bisschen wegrutscht, heißt das nicht automatisch, dass ich hinfallen werde. Und siehe da – es hat funktioniert!! Abwärts überraschenderweise besser als aufwärts, aber auch gut! Mit ein paar Tipps zu einer besseren Haltung und Bremsverhalten und etwas Überwindung konnte ich es am Ende sogar genießen.

Und wenn es auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung werden wird – es wird mir auf alle Fälle ein bisschen mehr Sicherheit auf dem Fahrrad bringen und noch dazu ein bisschen Übung für schlechte Straßenverhältnisse! Und wer kann dieser Aussicht schon wiederstehen?

Eyre-Mountains
Eyre-Mountains im Dunst
Allüberall die Tussock-Gräser in den Eyre-Mountains
Allüberall die Tussock-Gräser in den Eyre-Mountains

Ueber Beduerfnisse, Entscheidungen und die Zufriedenheit mit diesen Entscheidungen

Gerade ist in Deutschland Weihnachtsabend und ich hatte diese Vorstellung im Kopf, zuhause anzurufen, wenn alle um den Baum sitzen und so etwas von dieser Stimmung mitzukriegen… Das hat nicht so ganz geklappt:

Wir verbringen den Weihnachtsabend in Neuseeland auf einem Campingplatz an den Mavora Lakes – ein grosses Seengebiet, das wir mit vielen anderen Campern teilen, was aber ansonsten ziemlich abgeschieden liegt. D.h. wir haben kein Handynetz. T hat also die Idee, am naechsten Morgen mit dem Fahrrad ganz frueh zu einem See gegenueber von Queenstown zu fahren, wo es laut Internet Handynetz geben soll. Der See ist 40 km entfernt, wenn ich also spaetestens um halb9 anrufen will, muesste es reichen, um 6 Uhr loszufahren.

Am Tag vorher sagen wir uns noch, dass es auch reicht, den Rucksack morgen in der Frueh zu packen, das geht ja schnell. Um kurz vor Mitternacht dann die Frage, wann wir den Wecker stellen – hm, schon so spaet – eigentlich reicht das ja um viertel vor 6. Soweit der Plan.

Um kurz nach 6 stehen wir dann nach – fuer mich – viel zu wenig Schlaf auf, brauchen ewig fuer die Vorbereitungen und sind so erst gegen viertel nach 7 auf den Raedern. Bis wir aus dem Campingplatz raus sind, ist es viertel vor 8. Aehm… Wie ist das denn eigentlich passiert? Als wir schliesslich auf der Strasse sind und ich merke, dass diese natuerlich nicht flach ist – Notiz an mich selbst: Gehe in Neuseeland nicht von flachen Strassen aus! – weiss ich, dass ich so nicht rechtzeitig zum Telefonieren am See ankommen werde. T meint, dass wir das schon schaffen koennen. Ich bin traurig, habe Heimweh und moechte an dieser besonderen Weihnachtsstimmung zuhause teilhaben.

Nach einigem Hin und Her entscheide ich mich, umzukehren und mit dem Auto bis an den See zu fahren. Ueberzeugt bin ich nicht von dieser Entscheidung – draussen breitet sich grade eine wunderschoene Morgenstimmung aus, die Sonne scheint und waermt die noch kalte Luft. Der Weg fuehrt durch ein Tal, an den Raendern ziehen sich die Berge entlang. Mit dem Auto geht das viel zu schnell an mir vorbei. Aber heute ist es mir das dennoch wert.

Letztendlich dauert auch diese Fahrt viel laenger als geplant und so sitze ich zwar um 10 Uhr mit Handynetz am See, erreiche aber niemanden, weil alle schon beim Weihnachtsgottesdienst sind. Das ist natuerlich kein Weltuntergang, trotzdem war es mir wichtig. Und ich merke, dass es beim Reisen schon oefters passiert, dass Dinge nicht ganz so klappen, wie ich sie mir vorstelle. Das ist eigentlich gar nicht so verwunderlich, schliesslich bin ich nicht in meiner gewohnten Umgebung und muss mich auf neue Umgebungen einstellen. Und trotzdem wirft es mich immer wieder ein bisschen aus der Bahn.

Zuhause wuerde ich nicht lange vorher planen, wann ich jemanden anrufe. Zum einen gibt es da, wo ich die letzte Zeit gelebt habe, meist Netz und die ein oder andere Bahnfahrt liess sich da auch noch ganz gut ueberbruecken. Und zum anderen hatte ich mit den meisten Menschen, die ich anrufen wollte, eine Zeitzone gemeinsam – d.h. ich musste nicht lange ueberlegen, ob ich sie gerade aufwecke oder ob sie wohl gerade in der Arbeit sind. So konnte ich mein Leben diesbezueglich relativ spontan leben.

Und obwohl ich hier eigentlich auch sehr spontan lebe und manchmal beispielsweise erst kurz vorher weiss, wo ich heute schlafe, erfordern in der Umkehrung die kleinsten Sachen manchmal viel Vorausplanung und Absprachen. Und ich merke, dass ich mir noch genauer ueberlegen muss, was meine Beduerfnisse sind, um dann zu gucken, wie sie sich erfuellen lassen. Es geht mir dabei wirklich nicht darum, alles minutioes zu planen oder mich strikt an alle meine Plaene zu halten, aber wenn mir etwas wirklich wichtig ist, muss ich mir vorher Wege ueberlegen, wie das klappen koennte. Oder einsehen, dass es nicht so wichtig ist oder dass sich meistens dann doch noch andere, unvorhergesehene Moeglichkeiten auftun.

Epilog:

Der Tag war noch wunderschoen – ich habe letztendlich mit meiner ganzen Familie telefoniert, wir waren baden und haben noch eine kleine Radtour unternommen und sind an einer arg touristischen Schafsfarm gelandet. Und dort gab es Eis. Also wieder einmal alles gut gegangen ;).