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Was uns gut tut

Nach drei wunderbaren Pausentagen auf der Synchronicity Farm brechen wir um 10 Uhr endlich auf. Es faehrt sich gut auf dem Summerland Way: es ist nicht viel Verkehr und die Huegel sind einfach mit unseren gut erholten Muskeln. Josh und Tomoko haben uns sogar eine Brotzeit aus gegrilltem Gemuese und Salat mitgegeben – eine tolle Abwechslung zu unserem ueblichen Brot mit Aufstrich!

p1110339Ausser zum Essen halten wir nicht viel an, weil um uns rum fast nur Wald ist. Genau in diesem Wald finden wir dann aber eine perfekte kleine Lichtung zum Zelten!

p1110341Alles in allem ist es ein toller Tag: Ich geniesse das Fahrradfahren, die Huegel, die Landschaft und fuehle mich gut.

Alles gleich und alles anders

Am naechsten Tag ist eigentlich alles gleich und fuehlt sich doch komplett anders an. Wir sind immer noch auf dem schoenen Summerland Way, der uns ueber viele Huegel fuehrt…

p1110343_v1… wir finden coole Briefkaesten…

p1110344… und tolle Landstrassen.

p1110351Aber heute ist jeder Huegel anstrengend und wir werden wieder ueber 100km fahren muessen, um unseren Host zu erreichen. Und meine Muskeln sind von gestern noch muede. Im Grunde macht mir also genau das keinen Spass was gestern total schoen und einfach war und meine Stimmung wird einfach nicht besser. Irgendwie erreichen wir schliesslich Lismore, gehen kurz Abendessen einkaufen und radeln zu Rod. Und ich kann es kaum fassen, dass wir zum Schluss noch ueber zwei unglaublich steile Huegel muessen, wo ich mein beladenes Fahrrad kaum hochgeschoben bekomme. Ich kann einfach nicht mehr, will nicht mehr, will nur noch aufhoeren.

Natuerlich ist aufhoeren und am Strassenrand schlafen mitten in der Stadt nicht die beste Option, daher raffe ich mich nach einigen Fluechen doch nochmal auf und schaffe es irgendwie, mein Fahrrad den Berg hochzuschieben. Als wir bei Rod ankommen, werden wir herzlich von ihm und seiner Frau Jean begruesst und Rod bietet uns gleich Bier an. Mit den Getraenken in der Hand entspannen wir uns und kommen ins Gespraech. Rod ist weit und viel gereist und hat viele Geschichten zu erzaehlen. Und ich vergesse mal wieder, wie anstrengend es gerade eben noch war.

Der naechste Tag soll gemuetlich werden und das heisst fuer mich, nicht zu viel und weit zu radeln sondern viele, lange Pausen zu machen. Gesagt getan und so machen wir eine lange Mittagspause in Nimbin, einer kleinen Stadt mit viel Geschichte in Bezug auf Proteste gegen Abholzung von Regenwaeldern. Heute ist sie jedoch eher fuer ein anderes Kraut bekannt *zwinker*.

Auf unserem Weg sehen wir viele dieser Schilder:

p1110361Die Menschen hier druecken damit ihr Missfallen gegen den Abbau von Kohle und vor allem Fracking, eine umwelttechnisch aeusserst fragwuerdige Technik zum Abbau von Gas, aus.

Unsere Pause mit leckerem Kaffee ist grossartig und ich komme sogar zum Lesen (abends bin ich meistens zu muede). Weiter geht es dann auf einem Feldweg in den Mebbin Nationalpark – wunderschoen!

p1110367p1110378Aber steile Huegel auf Feldwegen zu er-fahren ist anstrengend und obwohl wir nochmal eine Pause fuer Muesliriegel machen, bin ich erschoepft und schaffe es kaum zum Campingplatz. Als wir dort ankommen, esse ich fast unsere ganze Tuete mit Nuessen auf und merke, dass ich einfach nur wahnsinnig viel Hunger habe! Der Unterschied im Energiebedarf ist ganz schoen gross je nachdem ob wir flache oder huegelige Strassen haben.

p1110390Am naechsten Tag staerken wir uns an diesem kreativen Obstladen und beschliessen dann, unsere Route etwas zu aendern. Momentan bin ich einfach nicht fit genug fuer 1000 Hoehenmeter am Tag und ich moechte lieber langsam mehr machen als oft total fertig zu sein und dann keine Lust mehr zu haben. Fahrradfahren ist fuer mich mehr eine besondere und tolle Art zu reisen und ich moechte, dass es mir dabei gut geht. Natuerlich weiss ich, dass es manchmal auch anstrengend ist und sein darf, aber ich moechte die Strecken lieber langstam steigern und sehe und geniesse all die kleinen Sachen auf dem Weg anstatt nur schnell und weit zu fahren. Und die letzten Tage waren ohnehin ziemlich herausfordernd.

Also schreibe ich eine spontane warmshowers-Anfrage an Robyn und Kevin, ob wir heute nacht bei ihnen schlafen koennen – dafuer kochen wir auch. Die beiden laden uns schon eine halbe Stunde spaeter zu sich ein und ich bin sehr dankbar: Ein echtes Bett und nette Gesellschaft ist genau das was ich jetzt brauche! Auf unserem Weg sehen wir Kunst:

p1110399und ich liebe diese Farben…

p1110401Mit einer Eispause zwischendrin radeln wir also wieder zurueck zur Kueste und kaufen fuers Abendessen ein. Spaeter tauschen wir viele Geschichten uebers Fahrradreisen und so einige Tips fuer weitere Touren aus. Und dann schlafen wir wunderbar in unserem perfekten Gaestezimmer, nur um in der Frueh mit einem leckeren Fruehstueck mit Blick auf einen kleinen Hafen verwoehnt zu werden.

p1110408Bevor wir los fahren, biegt Kevin sogar meinen Fahrradstaender wieder gerade – der hatte dem voll bepacktem Fahrrad nicht mehr standgehalten. Danke euch beiden!

Mein Wunsch nach Entspannung ist immer noch sehr stark und so hat Torsten gestern noch einen weiteren Gastgeber gefunden, der nur 40km entfernt wohnt. Das bedeutet wieder einen entspannten Radeltag immer entlang der Gold Coast. Die ‘Goldkueste’ sieht manchmal so aus…

p1110411_v1oder so – je nachdem in welche Richtung man schaut ;):

p1110414Wir machen sogar noch eine Pause in einer Buecherei und arbeiten ein bisschen. Und dann sind wir kurz nach Sonnenuntergang bei Dan und Phoebe und fuehlen uns gleich wie zuhause. Dan heisst uns total herzlich willkommen und die beiden erzaehlen uns immer wieder, dass wir uns entspannen und verwoehnen sollen. Und so koennen wir nicht widerstehen und bleiben fuer zwei Tage ;). Waehrend die beiden arbeiten, geniessen wir, mal ein ganzes Haus fuer uns zu haben und ich mache fast nichts ausser ein bisschen Fahrradpflege und lesen. Und Kaffeetrinken, weil das gehoert ja irgendwie zu einem guten Buch! Und es ist ganz wunderbar!

Ich bin noch dabei, herauszufinden, was mir gut tut und was ich mag in Bezug aufs lange Fahrradreisen. Und ich merke immer staerker, dass es mir nicht um Distanzen oder Herausforderungen geht, sondern um Landschaft, Menschen, ums Anhalten und Aufsaugen, was um mich rum ist. Ich will Zeit und Energie fuer Fotos haben und fuer Pausen und dann auch mal wieder was ganz anderes machen. In einem unserer Gespraeche hat Joshua von der Synchronicity Farm gesagt: “Am Ende muessen wir das geniessen was wir tun, sonst bringt es keinem was.”

Sehr wahr.

 

Synchronicity Farm: Alles was wir brauchen

p1110300Nach dem 100km Tag ist es ganz schoen schwer, in die Gaenge zu kommen und nicht dauernd anzuhalten. Meine Muskeln fuehlen sich unglaublich muede an und jeder kleine Huegel ist ein Kampf. Wir halten oft an, um kleine Pausen zu machen und dann fuer eine laengere in Coffs Harbour. Unser Kocher braucht schliesslich eine neue Gaspatrone und wir Kaffee. Also goennen wir uns Kaffee in einem Restaurant, was wir ziemlich selten tun und tollerweise spielt genau an dem Tag eine Band am Marktplatz.

Leider wird der Tag nicht juenger und so schwingen wir uns wieder auf die Raeder. Am Tag vorher hatten wir entschieden, dass wir den Summerland Way weg von der Kueste nehmen, um den Highway wieder mal zu vermeiden. Das heisst ein paar mehr Huegel, aber das macht uns normalerweise nichts aus, wenn es dafuer ruhiger ist. Ausser heute, heute bin ich einfach nur muede.

p1110314Als wir ein Schild sehen, dass frisches Gemuese direkt von der Farm anpreist, zoegern wir keine Sekunde und fahren zur Farm, um etwas fuer unser Abendessen zu kaufen. Sobald ich die Farm sehe, werde ich neugierig: Auf Schildern stehen Sachen wie ‘forest garden’ (Waldgarten), was ich von einem Buch ueber Permakultur erkenne. Es laufen Huehner, Schafe und Perlhuehner herum und es sieht insgesamt ziemlich einladend und spannend aus. Leider sehen wir niemanden, den wir ansprechen koennten. Also stehen wir ein bisschen herum und fragen uns, ob wir wohl anklopfen sollen. Wir wollen gerne mehr wissen, moechten die Menschen kennenlernen, die das hier aufgebaut haben und sind eben ein bisschen neugierig. Nach ein wenig Ueberlegen klopfen wir an und lernen bald darauf eine lachende Tomoko kennen, die uns von der Seite des Hauses begruesst. Wir kommen sofort ins Gespraech und sie erzaehlt uns ein bisschen ueber die Synchronicity Farm: Ihr Mann Joshua und sie versuchen sich an Permakultur, haben drei Kinder und haben gerade erst einen riesigen Steinofen zum Pizzabacken gebaut.

Und es kommt noch besser: Sie koennten in den naechsten Tagen ein bisschen Hilfe gebrauchen und wir beschliessen schnell, dass das fuer uns alle perfekt ist. Wir koennen ein bisschen Pause vom Fahrradfahren gut gebrauchen und sie bekommen Hilfe bei den Vorbereitungen fuers Pizzabacken. Also bauen wir unser Zelt im Garten auf und sitzen schon bald darauf am Abendessenstisch, wo wir auch Josh und die ganze Familie kennen lernen.

p1110318 p1110320Ich finde unser Leben schon ganz schoen faszinierend gerade: An einem Tag radeln wir 100km und sind am Ende muede und frieren, ohne uns ein warmes Getraenk machen zu koennen. Und am naechsten Tag geniessen wir ein wunderbar vielfaeltiges Abendessen mit frisch fermentiertem Essen (Kimchi und Sauerkraut) – lecker! – und allem was ich mir so vorstellen kann. An einem Tag koennen wir keinen Kaffee machen und am naechsten Tag bekommen wir besten Kaffee aus frischgemahlenen Bohnen von einer italienischen Kaffeemaschine. An einem Tag sitzen wir alleine an einem ruhigen Strand und geniessen das Abendlicht und am naechsten Tag sitzen wir drinnen, inmitten eines Wirbelsturms an Aktivitaeten, Geschichten und Ideen. Das ist absolut faszinierend und grossartig!

p1110335 p1110331Die naechsten Tage verbringen wir in der Kueche und schnippeln Gemuese, bereiten Fleisch vor und backen dann endlich Pizza in dem tollen Ofen! Und ich geniesse es unglaublich: Das ist genau das, was ich gerade brauche. Ein bisschen Zeit ohne Fahrrad aber mit Beschaeftigung, ein bisschen Zeit mit tollen Menschen und Gespraechen ueber das Leben. Tomoko und Joshua sind sehr inspirierend mit ihren Ideen und dem Stueckchen Erde, das Synchronicity Farm ausmacht: Menschen zusammenbringen, Wissen ueber Essen sammeln und verbreiten und vor allem das geniessen, was sie tun. Danke euch beiden von ganzem Herzen, dass ihr das ein paar Tage mit uns geteilt habt – es war genau das, was wir gebraucht haben!

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Neue Energie

Zwei Tage spaeter gehts mir viel besser und wir koennen weiter. Am Morgen treffen wir die ersten Touren-Radfahrerinnen – zwei Frauen, die genau wie wir auf dem Weg von Sydney nach Cairns sind! Es ist toll, sich auszutauschen – aber leider treffen wir sie danach nicht mehr. Unsere Geschwindigkeiten sind wohl zu unterschiedlich.

Wie immer versuchen wir den Highway zu vermeiden und entdecken einen sumpfigen Fluss…

p1110227tolles gruenes Buschland…

p1110231beeindruckende Straende mit tollen Felsformationen…

p1110233und einen schnell gefundenen Campingplatz in der Natur puenktlich zum Sonnenuntergang:

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Reisegeschichten und Inspiration

Da uns zwei Gastgeber_innen fuer den naechsten Tag zusagen, beschliessen wir, noch einen Tag laenger in Port Macquarie zu bleiben: Sanne und Marc sind gerade erst von ihrer vierjaehrigen Motorradtour zurueckgekommen und leben sich jetzt in Port Macquarie ein. Es ist spannend, sich mit ihnen zu unterhalten und irgendwie auch lustig, dass wir gerade in so unterschiedlichen Stadien von unseren Reisen sind. Die beiden haben waehrend ihrer Reise uebrigens eine Pause von ein paar Monaten gemacht, um zwischendurch zurueck in Australien ein bisschen Geld zu verdienen. Das konnte ich mir erst gar nicht vorstellen, aber wer weiss was uns passiert. Torsten und ich werden immer wieder neu von Menschen und Orten inspiriert und es gibt ganz schoen viel zu entdecken zwischen Australien und Deutschland. Wer weiss, vielleicht brauchen wir dann zwischendrin auch mal eine Pause ;).

Zu viel Sand

Am naechsten Tag beschliessen wir nach reiflicher Ueberlegung eine ruhige Strasse neben dem Strand zu nehmen. Unsere Recherche und mehrere Gespraeche mit verschiedenen Menschen sagen uns, dass die Strasse nicht in bestem Zustand ist und es zwischendurch immer mal wieder sandige Abschnitte gibt. Aber Menschen haben uns auch von anderen (gut fahrbaren) Strassen abgeraten und wir entscheiden uns, diesmal nicht auf sie zu hoeren. Das erste Stueck ist harter Sand und es faehrt sich gut. Wir fahren sogar an Arbeitern vorbei, die die Strasse gerade neu machen.

p1110260Aber nach ungefaehr 5km wird die Strasse immer schlechter. Der harte Sand verschwindet und wir geben schnell auf, durch den weichen Sand zu fahren. Dieses Auto hats wohl auch nicht geschafft:

p1110263_v1Am Ende ist es so schlimm, das wir schieben muessen, so dass Torsten vorschlaegt, am Strand entlang zu schieben, weil der Sand da vielleicht haerter ist. Im Gegenteil, der Sand ist noch weicher. Wir schieben und ziehen unsere voll beladenen Fahrraeder jetzt also durch den feinsten Sand, den ich jemals gesehen habe und sinken mit jedem Schritt tiefer ein. Ich muss ca. alle 20 Meter anhalten, weil es einfach zu anstrengend ist. Ich fluche und schreie und heule, aber es hoert keiner zu – ausser die ewigen Wellen und die bruetend heisse Sonne. Es ist wirklich einfach beschissen. Ich wuensche mir, auf die Ratschlaege gehoert zu haben, aber umdrehen ist jetzt irgendwie auch zu spaet. Also schieben wir weiter. Torsten ganz stoisch und ich fluche ein bisschen lauter. Und genau in dem Moment als ich denke, dass ich das auf keinen Fall noch 5km (dann wissen wir, dass die Strasse besser wird) durchhalten kann, kommt ein Pickup Truck an uns vorbeigefahren und der Fahrer fragt mich, ob wir nicht mitfahren wollen. JA, JA, HUNTERTAUSENDMAL JA! Auf meine Erklaerung, dass es wohl eine ziemlich doofe Idee gewesen ist, hier lang zu fahren, sagt Tim (der Fahrer) nur, dass wir alle manchmal doofe Entscheidungen treffen. Also heben wir die Fahrraeder und unser ganzes Gepaeck auf die Ladeflaeche und geniessen die Fahrt wie wir noch nie eine Autofahrt genossen haben. Die Fahrt und aber vor allem das ehrliche Hilfsangebot, das in keinster Weise herablassend war, war wieder mal ein kleiner (und in dem Moment ziemlich grosser) Teil der Magie vom Fahrradreisen! Danke Tim!

p1110268Spaeter, nachdem wir unsere Fahrraeder von dem ganzen Sand befreit haben, sehen wir unsere ersten Kaengarus und muessen zweimal hinschauen, ob es wirklich welche sind. Leider ist es schwierig, Fotos zu machen, weil sie immer weghoppeln, wenn wir anhalten. Und dann kommen wir endlich bei Eileen an, unserer Gastgeberin fuer heute, und duerfen uns eine Nacht in ihrem bequemen Wohnwagen ausruhen.

Neue Energie

Am naechsten Morgen geniessen wir ein entspanntes Fruehstueck mit Eileen und lernen sie ein bisschen kennen. Es ist total nett von ihr, uns aufzunehmen, da sie in letzter Zeit viele Gaeste hatte – dankeschoen!

Und so bringen uns die Strassen weiter gen Norden und es ist meist langweiliges Radeln auf viel befahrenen geraden Strassen. Aber da es nicht besonders huegelig ist, kommen wir gut voran. Da wir ausserdem lange brauchen, um einen Platz zum Wildcampen zu finden, haben wir am Schluss unsere ersten 100km auf dem Tacho stehen! Ich bin total fertig, aber auch aufgeregt: Oft denke ich, kaum voran zu kommen und finde mich zu langsam, aber die Muskeln werden anscheinend doch staerker!

Also wollen wir an unserem tollen Zeltplatz am Strand mit viel Essen und einem heissen Tee feiern, aber leider macht unser Kocher nicht mit: Die Gaspatrone, die wir heute gekauft haben, passt nicht zum Kocher, was mich ganz schoen nervt. Nach so viel koerperlicher Anstrengung habe ich Lust, mir was Gutes zu tun, aber was solls. Wir haben noch Reis und Gemuese von gestern und im warmen Abendlicht ist das auch okay. Und dann ab in die warmen Schlafsaecke – es ist bitterkalt! Gute Nacht!

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Von Geduld und Ueberraschungen

Am naechsten Morgen faellt uns das Loskommen schwer, v.a. nachdem uns Maria mit Crumpets (eine Art luftiger Toast) mit Butter und viel Honig verwoehnt. Aber voller Disziplin – wie wir nun mal sind 😉 – machen wir uns nach dem Fruehstueck auf den Weg nach Newcastle.

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Newcastle am Meer

In diesen ersten Tagen unserer Radtour sind wir meist voll beschaeftigt – entweder mit Fahrradfahren, damit, einen schoenen Platz zum Essen finden oder Essen und Ausruhen. Wir halten nicht wirklich viel an, um uns Staedte anzuschauen oder auch nur um Fotos zu machen. Der Fokus ist ganz auf dem Fahrradfahren und alles was dazu gehoert: Essen, Routenplanung und viel Schlafen. Leider habe ich noch dazu von Anfang an eine Erkaeltung, so dass alles ein bisschen anstrengender ist als es sein muesste.

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Faehrfahrt nach Hawks Nest

Am vierten Tag macht es dann immer weniger Spass und ich fuehle jeden Huegel und meine Erschoepfung. Meine Muskeln tun weh, die Nase laeuft und es ist insgesamt ganz schoen anstrengend. Wir muessen uns ein bisschen beeilen, da wir die letzte Faehre nach Hawks Nest erwischen wollen. Dafuer werden wir jedoch mit einer wundervollen Ueberfahrt im goldenen Abendlicht belohnt.

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Mein Fahrrad auf dem Dach der Faehre

In Hawks Nest suchen wir einige Zeit nach einem Platz, um unser Zelt aufzustellen und fahren schliesslich noch 10km weiter zu einem Campingplatz. Aber erst nachdem uns jemand erzaehlt, dass wir das um diese Zeit auf keinen Fall noch schaffen koennen, weil das mit dem Auto ja schon 20 Minuten dauert! Die Entfernungseinschaetzungen, die wir so bekommen sind schon lustig manchmal!

Als wir ankommen, fragen wir eine Gruppe in einem Campervan, wo wir unser Zelt aufstellen koennen und einer der Maenner bringt uns wenig spaeter uebrigen Bratreis vorbei und am naechsten Morgen eine Bibel. Da ich unglaublich muede bin, ist meine Dankbarkeit, nicht kochen zu muessen, sehr gross und ich schlafe gluecklich ein. Am naechsten Morgen hoere ich ein swuusch-Geraeusch aus dem Fluss nebenan und sehe einen Delfin flussaufwaerts schwimmen! Wow!

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Ruhige Strassen im Myall Lake National Park

Den naechsten Tag radeln wir entspannt durch den Myall Lake National Park und wir treffen nur ab und zu mal einen Campervan oder Pickup Truck. Wir geniessen eine entspannte Pause am Strand und lernen einen kleinen Vogel namens Willy Wagtail (Willy Wedelschwanz) kennen.

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Willy Wagtail

Ein bisschen spaeter ueberzeugt uns ein Faehrmann, nicht die Faehre zu nehmen, sondern entlang einem Fuss- und Radweg zu fahren, der erst vor kurzem neu gemacht wurde. Es ist wunderschoenes Buschland mit rotem, harten Sand unter unseren Reifen. Aber als der Tag fortschreitet, merke ich meine Erkaeltung immer mehr und sehne mich nach flachen asphaltierten Strassen.

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Im Busch

Am Ende ist alles nur noch anstrengend und ich mag nicht mehr weiterfahren. Wir schaffen es gerade noch so bis zum Campingplatz des Nationalparks und ich fuehle mich angesichts des wunderschoenen Sees nebenan und der vielen tollen Voegel um uns rum ein bisschen besser.

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Myall Lake
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Kookaburra

Also waschen wir uns im See und sind danach immer noch ein bisschen klebrig, was uns aber nicht weiter zu denken gibt. Ich falle kurze Zeit spaeter ins Bett und bin am naechsten Morgen immer noch muede. So macht uns Torsten einen schwarzen Tee, um ein bisschen wacher zu werden. Da wir nur noch wenig Trinkwasser haben, nimmt er Wasser aus dem See – abgekocht sollte das kein Problem sein! Gesagt und getan, aber hm… der Tee schmeckt ein bisschen, nein ziemlich komisch! Fast… salzig! Tja, der wunderschoene See neben uns ist also ein Salzwassersee – wer haette das gedacht? Das erklaert dann wohl auch den Delfin im Myall River am Tag vorher…

Nach dieser Ueberraschung radeln wir los, um ganze 30km zu schaffen. Meine Erkaeltung bricht nun voellig durch und mir ist abwechselnd heiss und kalt und selbst einfachstes Fahrradfahren auf einer flachen Strasse ist unglaublich anstrengend. Also entschliessen wir uns, einen Pausentag im Booti Booti National Park einzulegen. Das ist zwar noetig, aber toll finde ich diese gezwungene Pause nicht: Wir haben gerade erst angefangen und jetzt schon wieder anhalten zu muessen passt irgendwie nicht. Noch dazu ist unterwegs Kranksein auch etwas anstrengend: Ich will mein eigenes Zimmer und moechte einen Wasserkocher haben, um dauernd Tee kochen zu koennen (ohne jedes Mal vorher unseren Kocher zusammenbauen zu muessen). Ich will im Bett liegen und stundenlang Serien kucken. Stattdessen trinke ich Wasser und lese, da meine Laptopbatterie natuerlich genau heute den Geist aufgibt, und bemitleide mich ein bisschen. Naja. Natuerlich ist direkt neben unserem Campingplatz ein toller Strand und es gibt sogar Duschen hier. Und ein bisschen Ausruhen ist halt eben doch genau das was ich brauche. Morgen ist es hoffentlich besser!

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Strand im Booti Booti NP – schon ganz schoen hier!

Huegel und Gastfreundschaft: die ersten Hochs und Tiefs

Tag 2

Langsam fuehrt uns der Weg weiter nach Norden und alles in allem laeuft es ganz gut. Bis auf die vielen Huegel ist der Old Pacific Highway eine schoene Strasse. In der Ferne hoeren wir immer den Motorenlaerm der neuen Autobahn, aber wir teilen uns den Highway hauptsaechlich mit Motorraedern. Obwohl ich vorher schon mehrwoechige Fahrradtouren unternommen habe, bin ich ganz neu begeistert von dieser Art zu reisen: diesmal ist es doch irgendwie groesser. Wir haben wirklich eigentlich alles was wir brauchen (und manches was wir nicht brauchen) auf unseren Fahrraedern dabei und ich mag die Unabhaengigkeit. So kann mich in den ersten Tagen nichts aus der Ruhe bringen – weder die vielen Huegel noch die Autofahrer_innen, die viel zu nahe an uns vorbeifahren.

Waehrend unserer Mittagspause schreiben wir Rod und Deb, zwei Warmshowers-Hosts, ob wir heute Nacht bei ihnen schlafen koennen. Nur 5 Minuten spaeter telefonieren wir mit ihnen und besprechen unsere Ankunftszeit und gemeinsame Abendessensplaene – wow! Der restliche Tag besteht aus unzaehligen Auf- und Abstiegen und ich muss oft anhalten, um meinen mueden Muskeln eine Pause zu goennen. In einer dieser Pausen treffen wir Graham, einen Weitwanderer, der uns fuer den naechsten Tag spontan zu sich nach Hause einlaedt – wie nett!

Es wird schon dunkel, bevor wir bei Rod und Deb ankommen und ich bin unglaublich erschoepft – so sehr, dass ich kaum den letzten Huegel zu ihrem Haus hochradeln kann. Aber sobald wir unsere Raeder in die Garage schieben, sind alle Anstrengungen vergessen: Rod und Deb sind wahnsinnig herzliche Menschen und wir fuehlen uns sofort willkommen und wie zuhause. Wir entspannen bei selbst gebrautem Bier, lachen, erzaehlen Geschichten, teilen ein wunderbares Abendessen mit dem perfekten Dessert, geniessen warme Duschen und schaffen es sogar noch, mit unseren Eltern zu telefonieren. Was. Fuer. Ein. Tag.

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Gemuetliche Betten fuer die Nacht.

Tag 3

Rod und Deb laden uns ein, noch eine Nacht zu bleiben, aber da wir erst seit zwei Tagen unterwegs sind, wollen wir noch ein bisschen weiterkommen. Also machen wir uns auf den Weg, nachdem wir noch Gebrauch von Rods Fahrradwerkstatt machen: Mit ein bisschen mehr Luft in unseren Reifen faehrt es sich viel leichter und Rod schenkt mir sogar noch einen alten Sattel (meiner loest sich nach 15 Jahren langsam auf)! So brechen wir auf, in Richtung Lake Macquarie zu Grahams Haus. Eigentlich wollten wir eine andere, ruhigere Route nehmen, aber wir finden es beide wichtiger, Menschen zu treffen und ein Stueck des Weges zu teilen.

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Pelikane
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Ein schoener Radweg

Nach einem weiteren Tag voller Huegel, die mich ganz schoen anstrengen, machen wir eine Pause, um uns bei Aldi mit Lebensmitteln zu versorgen. Ich passe auf die Fahrraeder auf, waehrend Torsten einkaufen geht und muss ziemlich muede und erschoepft ausgesehen haben, als ich da so am Boden neben unseren voll beladenen Fahrraedern sitze. Mehrere Menschen sprechen mich an und eine besonders nette Frau laedt uns sogar ein, die Nacht bei ihr zu schlafen und uns auszuruhen! Leider haben wir aber ja schon ein Ziel fuer die Nacht. So machen wir uns also auf den Weg zum See, um vor den letzten 20 km noch eine Pause mit Saft und Essen zu machen. Genau dann ruft mich eine Freundin aus Deutschland an, um mir zu sagen, dass sie bald ein Baby bekommt! Ich bin hin- und hergerissen und moechte ewig mit ihr reden – andererseits muessen wir weiter, da so langsam schon die Daemmerung einsetzt.

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Lake Macquarie
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Abendlicht

Die letzte Stunde ist entspannt bis auf den steilen Huegel, der zu Grahams Haus fuehrt. Es scheint als wuerden alle unsere Gastgeber_innen auf Huegeln wohnen! Aber sobald wir eintreffen, laesst der Zauber von Gastfreundschaft erneut alles andere in den Hintergrund ruecken: Wir werden herzlich begruesst, stossen mit mitgebrachtem Wein an, geniessen eine wunderbare Dusche und teilen Geschichten von Reisen, aus dem Leben und der Politik. Es gibt wirklich nichts besseres als eine Dusche und nette Menschen nach einem langen Radeltag!

Graham und seine Frau Maria verwoehnen uns, wie wir noch nie verwoehnt wurden: Maria kocht ein tolles Abendessen mit Erdbeerkuchen als Nachspeise und wir duerfen kein bisschen helfen. Jedes Mal, wenn ich auch nur ein Glas oder einen Teller abraeumen will, werde ich aufgefordert sitzen zu bleiben und mich zu entspannen. Normalerweise helfe ich gerne und habe ein schlechtes Gewissen, wenn andere Menschen alles fuer mich machen, aber diese Gastfreundschaft kommt so sehr von Herzen, dass ich sie irgendwie sehr gut annehmen kann. Danke euch beiden!!

Nach dem Abendessen fallen mir schon um 8 Uhr die Augen zu, aber ich schaffe es, noch ein bisschen wach zu bleiben. Um 9 Uhr kann ich dann wirklich nur noch ins weiche Bett fallen und der Koerper bekommt endlich seinen wohlverdienten Schlaf.

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Gute Nacht!

Los gehts!

Ehrlichgesagt weiss ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Vor ueber vier Wochen sind wir aus Sydney losgeradelt und seitdem ist schon eine ganze Menge passiert: Ich habe mich daran gewoehnt, unser ganzes Gepaeck mit uns herumzufahren, habe gelernt, dass es in New South Wales viele kleine und grosse Huegel gibt, habe viele tolle Menschen getroffen, vor Anstrengung geweint und war wenige Momente spaeter unglaublich zufrieden und gluecklich. Oder eingeschlafen.

Urspruenglich wollte ich vor allem in der ersten Zeit ganz viel aufschreiben, um die Erlebnisse und Gefuehle auch spaeter noch praesent zu haben. Naja, das hat irgendwie nicht so ganz geklappt – mein Reisetagebuch besteht momentan aus ungefaehr 10 Seiten. Ich war meistens einfach viel zu erschoepft, um viel zu schreiben. Aber ich vertraue darauf, dass die wichtigsten Erinnerungen auch so bleiben werden.

Der erste Tag

Nachdem wir bei Matt und Hannah noch einmal gross fruehstuecken, brechen wir im Laufe des  Vormittags auf. Obwohl wir am Vorabend all unsere Taschen gepackt haben, dauert es nochmal eine ganze Weile, bis unsere Fahrraeder reisefertig sind.

Us with loaded touring bikes
Wir mit voll beladenen Fahrraedern

Unser Plan war, auf dem Weg nach Norden noch einen anderen Warmshowers-Host zu treffen und gemeinsam einen Kaffee zu trinken. Seine Wohnung liegt sozusagen auf dem Weg. Also radeln wir durch dichten Verkehr los und versuchen, nicht zu viel hin- und herzuwackeln. Die zweite Herausforderung des Tages sind die zahlreichen kleinen Huegel, die mit voll beladenem Fahrrad doch ein gutes Stueck anstrengender sind. Wir brauchen eine ganze Weile, bis wir die ca. 20 km zu Grant schaffen und dabei haben wir uns hoechstens einmal ein kleines bisschen verfahren ;). Aber einmal angekommen sind die ersten Anstrengungen auch schon vergessen: Grant verwoehnt uns mit Kaffee und Keksen und wir kommen sofort ins Reden – ueber Fahrradtouren – wie koennte es anders sein? Da wir eine Faehre nach Manly Beach nehmen wollten (um zu vermeiden, dass wir ueber die Harbour Bridge fahren und unsere Fahrraeder auf der anderen Seite herunter tragen muessen), zeigt uns Grant netterweise gleich den Weg und wir geniessen die Faehrfahrt!

My bike on the ferry
Mein Rad auf der Faehre

Das Wetter ist perfekt:

Out on the sea
Auf hoher See

Nach der Ueberfahrt gehen wir schnell nochmal zu Aldi und kaufen ein paar Lebensmittel ein. Danach muessen wir uns entscheiden, welche von zwei Routen wir fahren wollen. Es gibt grundsaetzlich zwei Moeglichkeiten und wir haben die Entscheidung bis jetzt aufgeschoben: Wir koennen Richtung Norden fahren, wo wir dann nochmal eine Faehre (bestimmt schoen, aber auch nicht billig) nehmen muessten. Oder wir fahren Richtung Nordwesten ueber den alten Pacific Highway. Wir entscheiden uns schliesslich fuer den alten Pacific Highway, da wir unser Budget nicht gleich am ersten Tag ueberstrapazieren wollen. Torsten warnt mich mehrere Male, dass der Highway auch huegeliger sein wird, aber ich denke mir, dass ich sowieso mit Huegeln klarkommen muss und ebenso gleich damit anfangen kann. Bis jetzt mag ich bergauffahren, solange ich mein eigenes Tempo (langsam) fahren kann.

In den naechsten Stunden schaffen wir es noch ein kleines Stueck weiter, sind aber immer noch in den Vororten von Sydney als es schliesslich daemmert. Da wir gerade Winter haben, wird es ungefaehr um 5 Uhr dunkel, was die Fahrradtage ziemlich kurz macht. So beginnt also unser von nun an taegliches Ritual, einen Platz zum Schlafen zu finden. Da wir uns gerade erst ein gemuetliches neues Zelt gekauft haben, wollten wir es nun auch benutzen und suchen daher einen Platz zum Campen. Da wir uns gerade in mitten lauter Vorstadtvillen befinden, ist das gar nicht so einfach. Aber mit Hilfe von Google Satellite View finden wir einen ziemlich versteckten Platz in einem alten Steinbruch. Wir bauen schnell unser Zelt auf, essen ein paar Wraps (keiner von uns hat grosse Lust zu kochen) und fallen ins Bett.

Irgendwie waren meine Sinne in dieser Nacht hochaufmerksam und ich habe alle moeglichen neue und fremde Geraeusche gehoert. Ich mag draussen schlafen eigentlich sehr gerne, brauche aber immer eine Weile bis ich mich an neue Geraeusche gewoehne. Im Laufe der Nacht hatten wir einige Tierbesucher_innen, die neugierig an unserem Zelt geraschelt haben und da ich nicht einschaetzen konnte, welche Tiere das waren, war an Schlaf nicht zu denken.

Am Morgen werden wir dafuer von einem wunderbaren Konzert an Vogelstimmen geweckt – ein buntes Durcheinander an Gesang, lautem Lachen und Schreien, das den fehlenden Schlaf locker wettmacht. Als ich aus dem Zelt schaue, blicke ich auf eine kleine Lichtung – ganz in Stadtnaehe aber sehr versteckt -, habe all die verschiedenen Voegelstimmen im Ohr und freue mich unglaublich, in den naechsten Monaten mehr ueber diese faszinierende Tierwelt herauszufinden. Was fuer ein toller Anfang!

Bike ready to go
Bike ready to go

Warten in Sydney

Nach all unseren Gespraechen ueber die Fahrradtour geht es endlich los! Unser Flugzeug ist sicher in Sydney gelandet und nachdem wir nur etwas ueber zwei Stunden damit verbracht haben, unsere Fahrraeder am Flughafen wieder zusammen zu bauen und das Gepaeck zu organisieren, radeln wir zu unserem ersten Warmshowers-Host. Eleri hat uns eingeladen, fuer ungefaehr eine Woche bei ihr zu wohnen, so dass wir unsere Ausruestung organsieren und auf ein Paket mit Torstens Fahrradtaschen aus Deutschland warten koennen. Mein voll beladenes altes Mountainbike faehrt sich schon etwas anders und fuehlt sich am Anfang ganz schoen wackelig an. Aber nach und nach gewoehne ich mich daran und wir fahren kurze 8km zu Eleri.

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Voll beladenes Fahrrad

Eleri ist nicht zu Hause als wir ankommen und hat uns vorsorglich schon erzaehlt, wie wir ins Haus kommen. Also bringen wir unsere Sachen ins Haus und machen es uns gemuetlich, was sich ohne unsere Gastgeberin erst ein bisschen komisch anfuehlt! Aber sie kommt kurz danach auch nach Hause und wir reden noch ein bisschen, bevor wir muede ins Bett fallen. Mit Fahrraedern fliegen ist anstrengend! Unser Zimmer mit angrenzendem Badezimmer entlohnt dafuer umso mehr – das ist ein Luxus, den wir in naechster Zeit wahrscheinlich nicht so oft haben werden.


In den naechsten Tagen erkunden wir Sydney und organisieren noch mehrere Sachen fuer unsere Tour. Wir schlendern zum Opera House, schauen in mehreren Fahrradlaeden nach Gepaecktraegern, Ersatzspeichen und mehr und gehen mit Eleri auf einen tollen Wochenendmarkt in einer alten Fabrikhalle, neben der auch gleich eine Ausstellung ist. Tollerweise ist auch noch eine Kuenstlerin, von der ich vor Jahren einmal gehoert habe, gerade in Sydney und begleitet eine Ausstellung. Also gehen wir am Sonntag zu Marina Abramovich in Residence: mit schalldaempfenden Ohrhoehrern nehmen wir an einer interaktiven Ausstellung teil, was eine sehr intensive Erfahrung ist. Ich bin froh ueber diesen Zufall!


 

Redfern Tent Embassy
Redfern Tent Embassy

Wir sprechen auch mit einigen Menschen an der Redfern Tent Embassy (Redfern Zelt-Botschaft). So wie ich das verstehe ist das eine andauernde Demonstration gegen ein grosses Bauprojekt inmitten von Redfern, Sydney, das gegen Landrechte von Aborigines verstoesst. Es war interessant fuer mich zu erfahren, dass der Streit um Land immer noch ein aktuelles Thema ist. Andererseits sollte es mich – wie bei vielen kolonialen Themen – nicht ueberraschen, dass alteThemen und Konflikte weiter andauern.


Sydney bot eine Vielfalt an spannenden Dingen und Orten, aber ich wurde zunehmend unruhig und wollte los. Leider hatten wir nach einer Woche immer noch keine Nachricht von unserem Paket aus Deutschland, also beschlossen wir, noch ein paar Tage zu warten. Eleri, unser Host, geht regelmaessig mit ihrem Rennrad trainieren und einmal haben wir sie ganz in der Frueh begleitet. Wir sind durch die Stadt zum Centennial Park geradelt und ich habe gemerkt, dass ich ganz schoen langsam bin :). Aber nun gut – mein aelteres Mountainbike ist aus der Masse von schnittigen Rennraedern auch ein bisschen herausgestochen. Schoen war es in der Morgenstimmung zwischen all den alten Baeumen trotzdem und der Kaffee und das Mandelcroissant danach schmeckten umso besser.

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Centennial Park

Zwei Wochen nach unserer Ankunft in Sydney konnten wir immer noch nichts ueber den Verbleib unseres Pakets erfahren, weshalb wir beschlossen, uns trotzdem auf den Weg zu machen. Mit unserem Visum fuer Australien koennen wir nur drei Monate hier bleiben und wir wollten nicht laenger warten. Also verabschiedeten wir uns an einem sonnigen Samstagmorgen von Matt und Hannah, unseren zweiten Hosts. und los gehts! Mehr dazu in Kuerze…

 

Ueber unsere Routenplanung

Eine der Fragen, die wir am haeufigsten gestellt bekommen, ist, welchen Weg wir eigentlich genau nehmen wollen. Hier also der Versuch, dafuer eine Antwort zu finden:

Im Grossen und Ganzen wollen wir versuchen, von Australien nach Deutschland zu fahren. Dabei gibt es einige Kriterien, die fuer unsere genaue Routenplanung wichtig sind:

  •  Wir wollen so viel wie moeglich ueber Land reisen. Das heisst, soviel Fahrradfahren wie moeglich und so wenig Fliegen wie moeglich. Da um Australien herum nun mal ueberall Wasser ist (worauf viele von euch dankenswerterweise bereits hingewiesen haben 😉 ), werden wir einen Weg finden muessen, um von Australien nach Asien zu kommen. Idealerweise finden wir jemand, die/der uns auf einem Boot mit nach Osttimor oder Indonesien nimmt. Das haben laut Internetrecherche schon einige Menschen geschafft, generell ist es aber nicht so einfach, gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem wir an einem Hafen sind, jemanden mit Boot zu finden. Es gibt leider auch keine Passagierfaehre und wir haben nicht wirklich viel Segelerfahrung. Falls das also nicht klappt, wuerden wir ein Flugzeug nehmen muessen.
  • Wir wollen so viel wie moeglich Fahrrad fahren. Aber: Diese Reise ist keine persoenliche Herausforderung, in der es darum geht, von Start nach Ziel zu fahren. Vielmehr geht es uns um Menschen, die wir unterwegs treffen und Erfahrungen, die wir machen. Manchmal kann es daher auch gut passen, ein Stueck mit dem Bus zu fahren oder zu trampen oder mal laenger an einem Ort zu verweilen.
  • Wir wollen ueber Land reisen, um zu sehen und spueren, wie sich Dinge langsam aendern und um ein Gefuehl dafuer zu bekommen, was um uns herum passiert. Auch hier wieder ein ‘aber’: Visumsbedingungen koennen sich ganz ploetzlich aendern und vielleicht bekommen wir fuer manche Laender gar kein Visum. Die politische Lage kann sich anspannen und je nachdem mag es dann vielleicht nicht mehr ratsam sein, durch ein bestimmtes Gebiet zu fahren. Alles in allem gibt es eine Vielzahl an Gruenden, warum sich unsere geplante Route aendern koennte. In jedem dieser Faelle muessten wir entweder zurueck, links oder rechts dran vorbei oder eben fliegen.
  • Und im Allgemeinen moechten wir eine grobe Idee haben, wo es hingehen kann, aber immer noch spontan unsere Plaene aendern koennen.

Nach diesem ganzen Vorgeplaenkel komme ich nun zur Sache – hier ist die grobe Route, auf die wir uns momentan geeinigt haben:

Von Sydney geht es nach Cairns oder Darwin und von da aus hoffentlich mit einem Boot weiter nach Osttimor oder Indonesien. Wahlweise bzw. gezwungenermassen auch mit dem Flugzeug. Dann wollen wir Osttimor und ein paar Inseln in Indonesien mit dem Fahrrad er-fahren, um dann weiter nach Malaysia und Thailand zu kommen. Welche Runden wir in Suedostasien noch drehen wollen, steht noch nicht fest. Weiter geht es dann ueber Myanmar nach Indien und vielleicht Bangladesh. Dort versuchen wir, ein Visum fuer Pakistan zu bekommen, um den wunderschoenen Karakoram-Highway von Islamabad nach Kashgar, China zu fahren. Dann geht es weiter durch Uzbekistan und Turkmenistan in den Iran. Von dort aus machen wir vermutlich einen Abstecher nach Aserbaidschan und vielleicht Armenien und Georgien. Weiter geht es in die Tuerkei und dann ueber eine noch nicht weiter definierte Route in noerdliche Richtung nach Deutschland.

Soweit also unser Plan, der sich ganz bestimmt noch viele Male aendern wird. Neben dieser grossen Idee beschaeftigen wir uns ganz konkret damit, Strecken und Routen fuer die naechsten Tage und vielleicht Wochen zu recherchieren. Alles andere wuerde momentan noch viel zu sehr ins Detail gehen.

 

Fahrrad vs. Auto in den Blue Mountains

Waehrend wir noch auf ein Paket mit Fahrradtaschen und Werkzeug aus Deutschland warten, beschliessen wir, die Gegend um Sydney ein bisschen zu erkunden. Ich moechte wandern gehen, weil ich das schon vermisse. Unser warmshowers-Host empfiehlt uns die Blue Mountains, die nur zwei Stunden westlich von Sydney liegen. Also stehen wir ausnahmsweise einmal ganz frueh auf, um einen der kurzen Wintertage voll auszunutzen. Es ist noch dunkel, als wir uns auf die Raeder schwingen und zum Zug fahren. Die Fahrradabteile finden wir schnell und sind nur kurz ueberrascht als sie genauso aussehen wie ein normales Durchgangsabteil, nach dem man die Sitzabteile erreicht. Dann sehen wir die Haengevorrichtungen an der Decke, an denen man genau ein Fahrrad pro Abteil aufhaengen kann. Das tut es!

Mit einem Kaffee in der Hand und selbstgemachten Zimtschnecken zum Fruehstueck geniessen wir die Zugfahrt. Der Zug windet sich langsam durch die Vororte von Sydney bis er nach und nach kleine Doerfer und Staedte in den Blue Mountains erreicht. Es ist ein tolles Gefuehl, endlich mal wieder Zug zu fahren: In Deutschland habe ich das dauernd gemacht und kann dabei herrlich entspannen bzw. momentan langsam wach werden. Nach einer Weile steigen wir aus und radeln zum Beginn unseres Wanderweges. Dort treffen wir eine Familie, die ich nach Sonnencreme frage – aus irgendeinem Grund dachte ich, dass es eher wolkenverhangen werden wuerde und habe keine mitgebracht.


Danach machen wir uns auf den Weg zu unserer dreistuendigen Wanderung (naja, es waere wesentlich schneller gegangen, haette ich nicht alle zwei Minuten fuer ein Foto anhalten muessen) auf dem National Pass Trail, der ueber / unter / und an Sandsteinklippen entlang fuehrt. Frueh am Morgen war das Tal noch von Wolken bedeckt und wir hatten ein Stueck ueber den Wolken einen unglaublich tollen Ausblick!

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Der Weg ist einfach zu laufen aber wunderschoen. Es riecht nach Eukalyptusbaeumen und wir sehen bunte Papageien.

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Nach unserer Rueckkehr zur Conservation Hut geniessen wir einen Kaffee und machen uns dann auf den Weg nach Katoomba. Zwischendrin halten wir mehrmals an, um uns kleine Wasserfaelle und Steinformationenen anzuschauen.

Waehrend die Zugfahrt noch ziemlich flach war, fuehrt die Strasse hoch und runter ueber mehrere kleine und grosse Huegel. Das ist ganz schoen anstrengend, vor allem nachdem wir schon wandern waren! Also halten wir beim naechsten Supermarkt an, um uns erst mal wieder mit Essen zu versorgen. Unser letzter Stopp des Tages fuehrt uns zu den Three Sisters (Drei Schwestern), die wahrscheinlich bekannteste Sandsteinformation in den Blue Mountains. Es fuehrt direkt eine Strasse hin, weswegen wir uns ploetzlich inmitten von Busladungen von Touristen wieder finden.

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Als ich wieder im Zug sitze und voellig fertig von einem Tag voller wandern und Fahrrad fahren bin, faellt mir auf, dass ich es trotzdem wesentlich mehr genossen habe, als aehnliche Tage in Neuseeland. Dort sind wir mit dem Auto durch Gebiete gefahren und haben oft angehalten, um uns kurz etwas anzuschauen. Ich hatte oft gar nicht so Lust auf diesen dauernden Wechsel von Auto und Natur-Sightseeing.

Als wir heute mit dem Fahrrad durch die Natur gefahren sind, ist es der Weg der im Vordergrund steht und nicht unbedingt die vorgegebenen Dinge, die Schilder oder Reisefuehrer vorschlagen. An dem Tag in den Blue Mountains habe ich jeden Huegel gespuert, jedes bisschen Wind, die Sonne und die kalte Luft (es ist schliesslich Winter hier). Ich fand es anstrengend, die Berge rauf zu fahren und habe es genauso genossen, sie in hoher Geschwindigkeit runter zu fahren. Es war schoen, mal vom Fahrrad runter zu kommen und die Gegend zu Fuss zu erkunden und genauso schoen, dann wieder aufs Fahrrad zu springen und weiter zu fahren. Und vielleicht am schoensten, danach im Zug zu sitzen und unglaublich viel zu essen und mit den Gedanken noch an den wunderbaren Erlebnissen von heute zu haengen… Ich freu mich sehr auf mehr Tage wie heute!

“Jedem Anfang…

…wohnt ein Zauber inne, der uns beschuetzt und der uns hilft zu leben.” (Hermann Hesse)
Noch sitze ich hier in Auckland gemuetlich auf dem Sofa, doch die Tage sind gepraegt von Vorbereitungen fuer die Fahrradtour. Wir besorgen noch eine Regenjacke, diverse Merinokleidungsstuecke, die es im Angebot gab, und bestellen ein Zelt, das in der naechsten Zeit unser Zuhause sein wird. So wird die To-Do-Liste langsam kleiner und ich habe ein bisschen Zeit, nochmal in Fahrradreiseblogs zu schmoekern und mich von dem Anfangszauber gefangennehmen zu lassen. Manchmal fuehlt sich das tatsaechlich ganz zauberhaft an und ich kann kaum glauben, dass es endlich losgeht. Manchmal schwirren mir aber auch andere Gedanken im Kopf herum und das macht mich ein bisschen nervoes. Was ist, wenn mir das doch nicht so viel Spass macht? Oder bin ich eigentlich gerade fit genug?

Viele Gespraeche sind gerade von der Tour gepraegt und immer wieder hoere ich Reaktionen wie: “Wow, das ist ja toll! Oh, das klingt so… gross!” Manchmal erzaehle (und denke) ich dann, dass ich es eigentlich gar nicht “gross” finde, weil es ja im Endeffekt auch nur um jeden einzelnen Tag geht und wir nicht alles im Voraus planen. Jetzt steht zum Beispiel erstmal Australien auf dem Plan und fuer die Zeit danach haben wir bis jetzt nur eine grobe Route im Kopf. Aber manchmal habe ich gerade auch Momente, wo mir das alles unglaublich “gross” erscheint – immerhin erstreckt sich dieser Plan auf 1-2 Jahre meines Lebens und ist schon ziemlich anders als das, was ich bis jetzt gemacht  habe.

Und doch finde ich bei Hermann Hesse Inspiration:

“(…) Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hÀngen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lĂ€hmender Gewöhnung sich entraffen. (…)”

So sehr es Zeiten in meinem Leben gab und geben wird, in denen ich Gewohnheiten und bequemes Leben geschaetzt habe und schaetzen werde, so sehr sind mir Veraenderung und neue Erfahrungen wichtig. Und das damit verbundene Weiter-werden, das Wachsen, die Auseinandersetzung mit mir selbst. So schwanke ich also zwischen zauberhaften Anfaengen und meinen Zweifeln und freue mich aber vor allem sehr, dass es bald los geht!!