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Invercargill: Kunst und Engagement

Invercargill liegt ganz im Sueden von Neuseeland. Es ist eine eher kleine Stadt, die vielen nur als Durchreisestation mit den Zielen Stewart Island oder Milford Sound dient. Wir planen, ein paar Tage zu bleiben, um nach unserer Wwoofingzeit in Tuatapere wieder ein bisschen Stadtgefuehl aufkommen zu lassen. Das bedeutet vor allem, Lebensmittel etwas guenstiger einzukaufen als in den kleinen Laeden unterwegs und noch einmal unbeschraenkt Zugang zu Internet und Strom zu haben, bevor es dann nach Stewart Island geht. Ausserdem brauchen wir Wanderschuhe fuer T. Grosse Erwartungen habe ich nicht an die Stadt, es geht eher um praktische Sachen. Da es gemuetliche Campingplaetze nur weit ausserhalb der Stadt gibt und wir auch mal wieder Lust auf andere Menschen haben, schreibe ich bei Couchsurfing zwei Hosts an, ob wir bei ihnen schlafen duerfen. Ganz ueberraschend bekomme ich innerhalb von einer Stunde zwei Zusagen und wir entscheiden uns, bei R zu schlafen.

WG-Leben

Als wir ankommen, ist R nicht zuhause und schreibt uns per SMS, dass wir es uns gemuetlich machen sollen und wo wir das Wlan-Passwort finden koennen. Wir kommen an und sind gerade am Ueberlegen, ob wir jetzt wirklich einfach durch die offene Hintertuer reingehen sollen, als auch R mit einem weiteren Couchsurfer ankommt. R wohnt in einer WG, die hinter ihrer Kueche eine kleine abgetrennte Flaeche hat. An der Wand angelehnt befinden sich mehrere Matratzen – hier ist Platz fuer Gaeste! Wir kommen ins Gespraech und ich finde die Atmosphaere sofort sehr gemuetlich und entspannt. T und ich haben vorher schon eingekauft, um fuer alle zu kochen und so gibt es Reis mit scharfem Gemuese. Bei Musik und Gespraechen verbringen wir einen schoenen Abend zusammen und lernen noch einen weiteren Mitbewohner kennen.

Demolition World

Die naechsten Tage drehen sich um Vorbereitungen fuer Stewart Island, wo wir hauptsaechlich wandern wollen. Und trotzdem machen wir auch immer wieder mal Pause, um mit R Mittag zu essen oder kleine Ausfluege zu unternehmen. R empfiehlt uns die Demolition World – eine Ausstellung in den Randbezirken von Invercargill, die von Menschen, die normalerweise Gebaeude abreissen, zusammengestellt wurde. Als wir ankommen, bin ich unglaublich begeistert und inspiriert: Hier stehen Huetten und Haeuschen aus vergangenen Jahrzehnten, die innen drin mit allem moeglichem KrimsKrams ausgestattet sind, der teilweise aus abgerissenen Gebaeuden und teilweise aus Secondhand-Laeden kommt. Wir sehen eine alte Schule, einen alten Tante-Emma-Laden und ein altes Kino mit Kinositzen, in dem sogar ein Film laeuft. In einem verwilderten Garten steht ein Bootsgerippe, alte Baenke und ein Kinderspielplatz mit abgeblaetterten Farben.

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Altes Boot

 

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Gemuetliche Bank

In einer der Huetten stehen ganz viele alte Essensbehaelter und auf dem gedeckten Tisch steht noch Essen. Witzig sehen auch die Schaufensterpuppen aus, die zum Beispiel als Krankenschwester oder als Verkaeuferin verkleidet sind. Teilweise mit lila Haaren oder lustiger Schminke.

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Punk-Krankenschwester

Und dann muesst ihr euch zu diesem Bild vorstellen, dass ueberall Huehner, Enten und Pfaue herumlaufen. Nebenan gibt es noch ein Gehege fuer Lamas und Ziegen.

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Hahn zwischen Koerben 😉
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Lama

Diese Zusammenstellung aus alten, teils schon vergessenen Dingen findet sich sonst oft in Museen, wo mensch eher leise sein sollte und ich fand es einzigartig toll, dass hier Tiere durchlaufen und den alten Haeusern so wieder ganz neues Leben entgegensteht. Statt andaechtiger Ruhe ist Gackern und Kraehen zu hoeren, was das alles auf eine ganz neue Art faszinierend macht!

Potluck – Veganes Engagement

Am Abend des naechsten Tages laedt uns R noch zu einem veganen Potluck ein. Das heisst uebersetzt, dass jede_r etwas veganes (ohne Fleisch, Milch, Ei und andere tierische Produkte) mitbringt und das dann mit allen geteilt wird. An sich mochte ich dieses Konzept des Mitbringens und Teilens immer schon sehr gerne und es war diesmal auch wieder unglaublich lecker! Mein Apple Crumble verschwand da schnell hinter Torten und Auflaeufen – aber ich glaube ich habe es tatsaechlich geschafft, von allen ca. 30 Gerichten zu probieren! Noch schoener fand ich an diesem Tag aber, dass ich wieder einmal in Kontakt mit engagierten Menschen gekommen bin. Dieser Kontakt, den ich in Rostock so selbstverstaendlich hatte, fehlt mir hier manchmal. An diesem Abend hatte ich aber ein paar tolle Gespraeche und habe wieder einmal gemerkt, dass es ueberall interessante und engagierte Menschen gibt – auch wenn ich es vorher nicht erwarte.

Ein Gespraech drehte sich zum Beispiel um Tierhaltung in Neuseeland. Ich habe bis jetzt nur die unzaehlig vielen Schafs- und Rinderherden auf den gruenen Weiden gesehen und hatte dadurch – ohne gross drueber nachzudenken – ein ziemlich romantisches Bild von Tierhaltung in Neuseeland. Leider gibt es aber auch hier Massentierhaltung, vor allem wohl von Rindern. Die grossen Staelle sind wohl eben nur etwas versteckter, als die Weiden.

Alles in allem, Invercargill und die Menschen dazu waren auf jeden Fall einen Besuch wert – naja eigentlich sogar zwei, wir sind nach Stewart Island nochmal 3 Tage haengen geblieben ;).