Tag 2
Langsam fuehrt uns der Weg weiter nach Norden und alles in allem laeuft es ganz gut. Bis auf die vielen Huegel ist der Old Pacific Highway eine schoene Strasse. In der Ferne hoeren wir immer den Motorenlaerm der neuen Autobahn, aber wir teilen uns den Highway hauptsaechlich mit Motorraedern. Obwohl ich vorher schon mehrwoechige Fahrradtouren unternommen habe, bin ich ganz neu begeistert von dieser Art zu reisen: diesmal ist es doch irgendwie groesser. Wir haben wirklich eigentlich alles was wir brauchen (und manches was wir nicht brauchen) auf unseren Fahrraedern dabei und ich mag die Unabhaengigkeit. So kann mich in den ersten Tagen nichts aus der Ruhe bringen – weder die vielen Huegel noch die Autofahrer_innen, die viel zu nahe an uns vorbeifahren.
Waehrend unserer Mittagspause schreiben wir Rod und Deb, zwei Warmshowers-Hosts, ob wir heute Nacht bei ihnen schlafen koennen. Nur 5 Minuten spaeter telefonieren wir mit ihnen und besprechen unsere Ankunftszeit und gemeinsame Abendessensplaene – wow! Der restliche Tag besteht aus unzaehligen Auf- und Abstiegen und ich muss oft anhalten, um meinen mueden Muskeln eine Pause zu goennen. In einer dieser Pausen treffen wir Graham, einen Weitwanderer, der uns fuer den naechsten Tag spontan zu sich nach Hause einlaedt – wie nett!
Es wird schon dunkel, bevor wir bei Rod und Deb ankommen und ich bin unglaublich erschoepft – so sehr, dass ich kaum den letzten Huegel zu ihrem Haus hochradeln kann. Aber sobald wir unsere Raeder in die Garage schieben, sind alle Anstrengungen vergessen: Rod und Deb sind wahnsinnig herzliche Menschen und wir fuehlen uns sofort willkommen und wie zuhause. Wir entspannen bei selbst gebrautem Bier, lachen, erzaehlen Geschichten, teilen ein wunderbares Abendessen mit dem perfekten Dessert, geniessen warme Duschen und schaffen es sogar noch, mit unseren Eltern zu telefonieren. Was. Fuer. Ein. Tag.
Tag 3
Rod und Deb laden uns ein, noch eine Nacht zu bleiben, aber da wir erst seit zwei Tagen unterwegs sind, wollen wir noch ein bisschen weiterkommen. Also machen wir uns auf den Weg, nachdem wir noch Gebrauch von Rods Fahrradwerkstatt machen: Mit ein bisschen mehr Luft in unseren Reifen faehrt es sich viel leichter und Rod schenkt mir sogar noch einen alten Sattel (meiner loest sich nach 15 Jahren langsam auf)! So brechen wir auf, in Richtung Lake Macquarie zu Grahams Haus. Eigentlich wollten wir eine andere, ruhigere Route nehmen, aber wir finden es beide wichtiger, Menschen zu treffen und ein Stueck des Weges zu teilen.
Nach einem weiteren Tag voller Huegel, die mich ganz schoen anstrengen, machen wir eine Pause, um uns bei Aldi mit Lebensmitteln zu versorgen. Ich passe auf die Fahrraeder auf, waehrend Torsten einkaufen geht und muss ziemlich muede und erschoepft ausgesehen haben, als ich da so am Boden neben unseren voll beladenen Fahrraedern sitze. Mehrere Menschen sprechen mich an und eine besonders nette Frau laedt uns sogar ein, die Nacht bei ihr zu schlafen und uns auszuruhen! Leider haben wir aber ja schon ein Ziel fuer die Nacht. So machen wir uns also auf den Weg zum See, um vor den letzten 20 km noch eine Pause mit Saft und Essen zu machen. Genau dann ruft mich eine Freundin aus Deutschland an, um mir zu sagen, dass sie bald ein Baby bekommt! Ich bin hin- und hergerissen und moechte ewig mit ihr reden – andererseits muessen wir weiter, da so langsam schon die Daemmerung einsetzt.
Die letzte Stunde ist entspannt bis auf den steilen Huegel, der zu Grahams Haus fuehrt. Es scheint als wuerden alle unsere Gastgeber_innen auf Huegeln wohnen! Aber sobald wir eintreffen, laesst der Zauber von Gastfreundschaft erneut alles andere in den Hintergrund ruecken: Wir werden herzlich begruesst, stossen mit mitgebrachtem Wein an, geniessen eine wunderbare Dusche und teilen Geschichten von Reisen, aus dem Leben und der Politik. Es gibt wirklich nichts besseres als eine Dusche und nette Menschen nach einem langen Radeltag!
Graham und seine Frau Maria verwoehnen uns, wie wir noch nie verwoehnt wurden: Maria kocht ein tolles Abendessen mit Erdbeerkuchen als Nachspeise und wir duerfen kein bisschen helfen. Jedes Mal, wenn ich auch nur ein Glas oder einen Teller abraeumen will, werde ich aufgefordert sitzen zu bleiben und mich zu entspannen. Normalerweise helfe ich gerne und habe ein schlechtes Gewissen, wenn andere Menschen alles fuer mich machen, aber diese Gastfreundschaft kommt so sehr von Herzen, dass ich sie irgendwie sehr gut annehmen kann. Danke euch beiden!!
Nach dem Abendessen fallen mir schon um 8 Uhr die Augen zu, aber ich schaffe es, noch ein bisschen wach zu bleiben. Um 9 Uhr kann ich dann wirklich nur noch ins weiche Bett fallen und der Koerper bekommt endlich seinen wohlverdienten Schlaf.